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Tod auf Raten. Eine Seite aus Michael Meiers "Das Inferno".

© promo

Klassiker als Comic: Hölle auf Erden

Der Kasseler Illustrator Michael Meier hat sich an eine Comicfassung von Dantes „Göttlicher Komödie“ gemacht. Das Ergebnis ist wunderschön anzuschauen, auch wenn das Humorniveau ein wenig schwankt.

Botticelli, Salvador Dalí, Gustave Doré: Es ist wahrlich keine ganz untalentierte Ahnenreihe, in die der  Kasseler Illustrator Michael Meier sich da einreiht. Wie zig andere Künstler vor ihm hat er sich jetzt von Dantes „Göttlicher Komödie“ inspirieren lassen und den inzwischen gut 700 Jahre alten, unendliche 14.000 Reime lange Folterkatalog in einen Comic verwandelt.

Der letzte Versuch, genau das zu tun, ging vor gut einem Dreivierteljahr ziemlich in die Hose. Der renommierte Illustrator Seymour Chwast hatte in seiner „Göttlichen Komödie“ die Wanderung von Dante und Vergil durch die verschiedenen Kreise der Hölle und den folgenden Aufstieg ins Paradies in simple schwarz-weiß Zeichnungen übertragen. Manches wirkte willkürlich, anderes unpassend, alles in allem unbefriedigend.

Meier hat seinen direkten Vorgänger jetzt schon allein optisch weit überholt. In wunderschönen, an modernistische Sixties-Poster erinnernden Bildern schickt er Dante und Vergil durch „Das Inferno“. Den Aufstieg ins Paradies hat er gestrichen, und auch sonst bedient er sich bei der Vorlage recht frei. Das geht beim Personal los. Dante ist ein unrasierter Slacker im Unterhemd, Vergil ein Schakal, was aber beides Sinn hat, weil ersteres die Orientierungslosigkeit des Protagonisten unterstreicht, und letzteres das Tier ist, das laut den alten Ägyptern die Seelen ins Land der Toten geleitet. Darüber hinaus haben noch diverse andere Personen Auftritte, denen wir im Original nicht begegnen, unter anderem Chris de Burgh und Berlusconi, Walter Ulbricht und – unvermeidlich – Adolf Hitler.

Auf der Flucht. Dämonen verfolgen Dante und Vergil.
Auf der Flucht. Dämonen verfolgen Dante und Vergil.

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Auch beim Plot geht Meier mit freier Hand zur Sache. Statt sklavisch die einzelnen Höllenkreise und die darin vollzogene Bestrafung diverser Sünder nachzuzeichnen, macht er in der Unterwelt Witze über iPhones, Atommüllendlager und Guttenberg. Statt Eisregen geht Speiseeis auf die Schlemmer nieder, die zusätzlich in einer Meta-Kochshow agieren müssen. All das macht die Geschichte weniger zu einer über das Jenseits als unser irdisches Hier und Heute. Die Hölle, das sind gar nicht die anderen, schwant einem – die Hölle, das sind wir selbst.

Das Witzniveau allerdings schwankt und auch die die Umgangssprache, mit der Meier die Sprechblasen füllt („Alter, du machst mich krank! Lass dir endlich mal Eier wachsen.“), wirkt auf Dauer etwas ermüdend. Amüsant ist die Annäherung trotzdem – zumindest wenn man ein paar Vorkenntnisse mitbringt, um die Verweise aufs Original oder die von Dante verwendeten Symbole entschlüsseln zu können. Damit lässt einen Meier nämlich genau so allein wie sei Vorgänger Chwast.

Das Cover von Meiers Inferno.
Das Cover von Meiers Inferno.

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Michael Meier: Das Inferno, Rotopolpress, 136 Seiten, 19 Euro

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