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Zündende Idee: Das Wilco-Cover.

© Illustration: Joan Cornellà

Joan Cornellà: Blutiger Spaß - Joan Cornellàs makabre Welt

Schadenfreude ist seine Spezialität. Jetzt hat der Spanier Joan Cornellà der Band Wilco ein für seine Verhältnisse fast schon harmloses Album-Cover gezeichnet.

David Bowie und Iggy Pop haben es getan, ebenso Janis Joplin und Pearl Jam. Und jetzt Wilco: Die Independent-Band aus Chicago hat das Cover ihres kürzlich erschienenen neuen Albums „Schmilco“ von einem Comic- Künstler gestalten lassen. Und zwar von einem, dessen Werk auf den ersten Blick so gar nicht zu den freundlich-melancholischen Songs der Musiker um Jeff Tweedy passt: Joan Cornellà. Der spanische Illustrator hat sich in den vergangenen Jahren vor allem im Internet eine Fangemeinde mit wortlosen Bildgeschichten erzeichnet, deren Humor so makaber ist, dass Facebook – wo er mehr als vier Millionen Anhänger hat – gleich mehrfach die Veröffentlichung seiner Arbeiten blockierte.

Ihren Witz ziehen seine meist aus sechs Panels bestehenden Minidramen aus einem verstörenden Kontrast: Cornellàs mit klaren Linien gezeichnete Figuren tragen ein starres Lächeln im Gesicht und sind in unbeschwert wirkenden Pastellfarben koloriert, wie man sie aus Kinderbüchern und von 50er-Jahre-Werbebildern kennt. Das, was ihnen widerfährt, ist jedoch alles andere als unbeschwert – und endet in der Regel mit einer brutalen Pointe.

In der Tradition Max und Moritz und „Spion & Spion“

Da will eine Mutter ihr Baby in eine Mülltonne werfen und gerät mit einem Mann in Streit darüber, ob dafür die blaue, gelbe oder grüne Tonne die richtige ist, worauf man sich auf die braune einigt. Da setzt sich ein Raucher beim Tanken selbst in Brand, wird verkohlt für ein schwarzes Kind gehalten und adoptiert – um am Ende glücklich strahlend mit anderen Kindern in die Schule zu gehen. Und in einer Episode weint ein Mädchen, als ein Jäger eine Kuh mit seinen Schüssen zerfetzt, woraufhin er aus den Fleischresten ein Hündchen formt, mit dem die Kleine fröhlich davonzieht.

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Mit dieser speziellen Form des Schadenfreude-Strips, bei oft der auch physische Deformationen und Körperflüssigkeiten Teil der Pointe sind, knüpft der aus Barcelona stammende Künstler an Klassiker wie die brutal witzigen Mordgeschichten „Spion & Spion“ in der Zeitschrift  „Mad“ oder die dunklen Cartoons der „Addams Family“ ebenso an wie an die blutrünstige Max-und-Moritz-Geschichten von Wilhelm Busch und die drastischen Struwwelpeter-Episoden von Heinrich Hoffmann – wenngleich Cornellà anders als Busch oder Hoffmann keine moralische Botschaft vermitteln will und in Sachen Grausamkeit und Schamlosigkeit noch zynischer wirkt.

Verglichen mit seinem sonstigen Werk wirkt der Strip für das „Wilco“-Album allerdings fast schon harmlos: Ein Mädchen ist traurig, weil am Kabel seines Plattenspielers der Stecker fehlt. Ein Mann springt als lebender Steckerersatz ein – was einen Elektroschock mit blutigen Folgen bei ihm auslöst und große Freude bei dem Mädchen, das endlich zu seiner Musik tanzen kann.

Ob das witzig ist oder nicht, hängt wohl auch davon ab, wie man es mit der Schadenfreude hält. Während die einem Sprichwort zufolge die reinste Freude ist, befand Schopenhauer in seinen Schriften zur Ethik: „Der schlechteste Zug in der menschlichen Natur bleibt aber die Schadenfreude.“ 

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