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Interview: „Das 'danach' geht vorbei“

Johanna Baumann alias Schlogger hat mit der Episodenerzählung „danach“ gerade ihren ersten langen Comic über Beziehungen und deren Ende veröffentlicht. Wie es dazu kam, erklärt sie im Interview - in Worten und Bildern.

Johanna, kürzlich ist „danach“ bei Panini als Buch veröffentlicht worden, Dein erster richtig langer Comic. Magst Du für diejenigen, die noch nichts davon gehört haben, kurz erklären, worum es geht?

In „danach“ geht es um Trennungen. Ich habe dazu zehn Personen interviewt und ihre Geschichten aufgezeichnet. „danach“ war außerdem meine Bachelorarbeit an der Hochschule Offenburg.

Es geht also um das Ende von Beziehungen?

Es geht nicht nur um das Ende von Beziehungen, sondern auch um die Umstände, die dazu geführt haben. Also beispielsweise um die Beziehungen, die beendet wurden.

Ist das Buch sehr traurig?

Es gibt traurigere und positivere Geschichten. Manche Personen haben direkt nach der Trennung einen neuen Partner gefunden. Andere mussten erst lernen, wieder alleine klar zu kommen. Mir ging es darum zu zeigen, dass jede Art, mit Trennung umzugehen, „normal“ ist. Und vor allem, dass das „danach“ auch vorbei geht. Obwohl das ein trauriges Thema ist, ist es durch meinen eher cartoonigen Stil nicht so traurig, wie man denken könnte.

Wie bist du auf die Idee gekommen, ein Buch zu diesem Thema zu machen?

Ich wollte unbedingt ein Thema behandeln, das viele Menschen betrifft. Und da zu diesem Zeitpunkt viele Beziehungen in meinem Umfeld beendet wurden, war diese Idee dann naheliegend.

Wen hast du für „danach“ interviewt?

Nähere Bekannte von mir. Also Freunde, Freunde von Freunden oder meine Familie.

Gab es auch Menschen, die du gefragt hast und die abgelehnt haben, über ihre Trennung zu sprechen?

Nein, das gab es so direkt nicht. Ich hatte sogar das Gefühl, dass es Ihnen gut tat, darüber etwas geordneter zu sprechen.

Inwiefern tat es den Personen gut?

"Ich hatte sogar das Gefühl, dass es Ihnen gut tat, darüber etwas geordneter zu sprechen."
"Ich hatte sogar das Gefühl, dass es Ihnen gut tat, darüber etwas geordneter zu sprechen."

© Schlogger

Dadurch, dass ich Ihnen konkretere Fragen gestellt habe, mussten sie ihre Trennungen systematisch durchgehen. Wie kam es zu der Trennung? Was hat dir geholfen? Was hat die Zeit danach eher schlimmer gemacht? Vielleicht hat das bei der Verarbeitung geholfen. Außerdem tut es gut, wenn einem jemand zuhört.

Aber das ist ja schon etwas sehr Persönliches. Etwas, dass man nicht jedem erzählen würde. Da muss zwischen Euch ein großes Vertrauen gewesen sein...

Das waren natürlich alles Bekannte von mir. Allerdings habe ich in der Zeit, seit ich „danach“ gezeichnet habe, mit vielen Menschen über ihre Trennung geredet. Ich hatte den Eindruck, dass viele gerne darüber sprachen. Es kommt sicher darauf an, wie lange die Beziehung her ist, über die man spricht. Auch Fremde haben mit mir darüber geredet. Ich denke, das macht es sogar leichter. Eben weil ich sie nicht kenne.

Findest du, dass Trennungen ein Thema sind, über das jeder gerne und viel redet?

Das glaube ich nicht. Es geht ja oft um eine verletzende Situation.

"Ich habe aber auch 'rationale' Frauen oder 'emotionale' Männer getroffen."
"Ich habe aber auch 'rationale' Frauen oder 'emotionale' Männer getroffen."

© Schlogger

Auf der einen Seite steht eine verletzende Lebenssituation, auf der anderen Seite hast du festgestellt, dass Menschen über das Thema reden möchten. Fühlt man sich da nicht manchmal wie ein Psychiater?

Eher wie ein wandelnder Ratgeber. (lächelt) Mir macht das nichts aus. Ich höre mir die Geschichten sehr gerne an und teile meine Erfahrungen. Die meisten möchte ich am liebsten gleich aufzeichnen.

Wie kommt es, dass relativ wenige Männer in deinem Buch über ihre Trennungen sprechen?

Das liegt daran, dass ich so viele Frauen zur Auswahl hatte und mein Buch dann plötzlich schon voll war. Allzu viel Zeit hat man für eine Bachelorarbeit ja nicht. Mittlerweile habe ich auch schon ziemlich viele männliche Trennungsstorys gehört.

Trennen sich Frauen und Männer anders von einem Partner?

Ich dachte zuerst, dass sich Männer „rationaler“ trennen würden. Dass sie Schluss machen, sobald keine Gefühle mehr da sind. Und dann auch erst mal keinen Kontakt mehr haben. Während Frauen hingegen oft versuchen, das Problem in sich selbst zu lösen. Das mag oft so sein, genau so habe ich aber auch „rationale“ Frauen oder „emotionale“ Männer getroffen.

Erzählst du in „danach“ auch etwas von dir?

"Durch jede Geschichte kann man eine Nuance mitnehmen, um danach wieder bunt sehen zu können."
"Durch jede Geschichte kann man eine Nuance mitnehmen, um danach wieder bunt sehen zu können."

© Schlogger

Ähm… Ja. Eine Geschichte ist meine. Ich verrate aber nicht welche. (grinst)

Wie ist „danach“ entstanden? Wie war der Arbeitsprozess?

Zuerst habe ich die Person interviewt. Dann habe ich mir überlegt, wie ich das Interview darstellen kann und das in einem kleinen Heft mit krakeligen Skizzen gelayoutet und auf Seiten verteilt. Diese analogen Skizzen habe ich dann zur Grundlage für das digitale Zeichnen genommen. „danach“ wurde komplett mit einem Grafiktablett und Photoshop am Computer gezeichnet.

Wie lange hast du daran gearbeitet?

Von der Idee bis zum Druck waren es etwa dreieinhalb Monate. Ich hatte einen ungefähren Zeitplan, wie viele Seiten ich pro Woche schaffen will. Das habe ich dann durchgezogen. „danach“ ist irgendwie auch eine Reise-Bachelorarbeit. Ich hatte zu der Zeit keine eigene Wohnung und bin zwischen meinen Eltern und meinem damaligen Freund hin- und hergependelt. Irgendwo konnte ich meinen Laptop immer aufbauen und zeichnen.

Du hast jedes Kapitel in einer anderen Farbe gestaltet. Was hat das zu bedeuten?

„danach“ ist kein Leitfaden für die Zeit nach einer Trennung. Ich stelle mir eher vor, dass man am Anfang alles grau sieht wie die Figur im Prolog. Durch jede Geschichte kann man eine Nuance mitnehmen, um danach, wie im Epilog, wieder bunt sehen zu können.

Wie war die Reaktion deiner Hochschullehrer auf deine Abschlussarbeit?

Als ich meinen Dozenten gefragt hatte, ob ich auch einen Comic als Abschlussarbeit machen könnte, schien er amüsiert und meinte:

Comicautorin mit Bachelor: Johanna Baumann.
Comicautorin mit Bachelor: Johanna Baumann.

© Promo

„Bei uns machen auch viele einen Film als Abschluss. Sie wären dann zwar die erste mit einem Comic, aber ansonsten ist das überhaupt kein Problem.“ Konkret hat sich die Hochschule noch nicht dazu geäußert. Ich denke, dass Comics selbst hier noch keinen hohen Stellenwert haben. Aber die Note, die ich dafür bekommen habe, ist auch ein gutes Kompliment. (lacht)

Sprechen wir noch kurz über deinen Comic-Blog www.schlogger.de. Was zeichnest du da?

schlogger.de ist als Ersatzprodukt entstanden, als ich mit „danach“ fertig war und noch voll im Zeichenrausch steckte. Heute lade ich dort neben Illustrationen etwa ein bis drei Comics pro Woche hoch. Diese Comics heißen „Gehirnfürze“, weil sie spontan meinem Hirn entfleuchen. (grinst) Meine Website wurde dieses Jahr zweimal für einen Preis nominiert, für Lebensfenster (Der Kurt-Schalker-Preis für Grafisches Bloggen) und den Web-Sondermann. Das spornt natürlich an zum Weitermachen!

Ich habe gesehen, dass Du Dich Deinem 100. Posting näherst. Happy?

Aber natürlich! Ich bin wahnsinnig stolz auf mich, da ich niemals gedacht hätte, dass ich es schaffe, etwas so lange durchzuziehen. Aber es macht einfach wahnsinnig Spaß!

Wie geht es jetzt weiter? Arbeitest du schon an einem neuen Buch?

danach: Das Buch hat 144 Seiten und kostet 19,95 Euro.
danach: Das Buch hat 144 Seiten und kostet 19,95 Euro.

© Panini

So konkret noch nicht. Ich arbeite neben meinen Gehirnfürzen an kleinen Printprojekten. Comic-Stories für Magazine oder Illustrationen für Animationsvideos … Ich denke, dass mein nächstes längeres Projekt die Masterarbeit sein wird. Aber wenn vorher die Idee für ein größeres Projekt um die Ecke schleichen würde, wäre ich auch nicht abgeneigt. Und je nachdem, wie „danach“ ankommt, würde ich gerne noch mehr Trennungsgeschichten zeichnen.

Johanna Baumann: danach, Panini, 144 Seiten, 19,95 Euro.

Signierstunden mit der Zeichnerin:
20.10. Lörrach: Comix time, Baslerstraße 156, 13-15 Uhr,
3.11. Frankfurt: T3 Terminal Entertainment, Große Eschenheimer Straße 41A, 13-15 Uhr.

Das Interview führte Christopher Bünte für www.fudder.de. Wir danken für die Erlaubnis zur Veröffentlichung.

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