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Klassischer Realismus: Eine Seite aus „Ticonderoga“.

© Avant

Frühwerk von Hugo Pratt: Furchtloser Waldläufer

Zehn Jahre vor dem Welterfolg „Corto Maltese“ schuf Hugo Pratt mit Héctor G. Oesterheld den Abenteuercomic „Ticonderoga“. Jetzt gibt es die Serie auf Deutsch.

Bevor Hugo Pratt mit „Corto Maltese“ einen der großen Klassiker des Comics schuf, verdiente sich der italienische Comickünstler und Weltenbummler seine Sporen in Argentinien. Eine der Serien, die er in den 50ern für den dortigen Markt zeichnete, war die abenteuerliche Fortsetzungsgeschichte „Ticonderoga“, die diesen Sommer erstmals auf Deutsch erschienen ist (Avant, 304 S., 50 €).

Die Geschichte des argentinischen Autors und Verlegers Héctor G. Oesterheld („Eternauta“) setzt Ende des 18. Jahrhunderts ein. England und Frankreich, unterstützt von Stämmen der kanadischen Ureinwohner, führen Krieg um die nordamerikanischen Kolonien.

Auch der 15-jährige Caleb Lee aus Virginia zieht in den Kampf. In den Wäldern Kanadas erwarten ihn Scharmützel voller Pulverdampf und Blut. Er lernt den gleichaltrigen Waldläufer und Scout Joe „Ticonderoga“ Flint kennen, der keine Gefahr und keinen Gegner scheut. Gemeinsam mit Verbündeten wie dem Indianer Numokh stürzen sich die Jungen ins Gefecht.

In der Tradition von James Fenimore Coopers „Der letzte Mohikaner“

Als der damals 30-jährige Hugo Pratt „Ticonderoga“ inszenierte, war er noch fast ein Jahrzehnt von der Erschaffung Corto Malteses entfernt. Doch selbst wenn man im Kolonialwestern zeichnerisch keinen Proto-Corto erkennt, sieht das Schwarz-Weiß-Artwork gut und kaum je altmodisch aus. Der angenehme Einfluss klassischer, auf Realismus setzender Illustratoren ist unübersehbar, die Hintergründe zelebrieren die Natur.

Dazu kommt, dass die Storys in der Tradition von James Fenimore Coopers „Der letzte Mohikaner“ gut gealtert sind. Die Episoden, die der später politisch verfolgte Oesterheld mit Pratt ersann, packen und unterhalten ein gutes halbes Jahrhundert nach ihrer Erstveröffentlichung noch immer, wenngleich es sich bei dem Stoff fraglos um einen „typischen Jungscomic“ handelt.

Ursprünglich erschien „Ticonderoga“ im querformatigen Magazin „Frontera Mensual“, später wechselte die Serie auf die hochformatigen Seiten von „Frontera Extra“. Die Gesamtausgabe im Schuber trägt dem mit zwei Albumformaten Rechnung – eine gute Lösung.

Die Jagd nach alten Magazinen für die aufwendige Reproduktion gestaltete sich allerdings schwierig. Als Comic-Enthusiast ist man heute verwöhnt, was die Qualität betagten Materials in edlen Sammelbänden angeht. Hier kann die schön aufgemachte „Ticonderoga“-Edition trotz der mühsamen Aufbereitung nicht alle hohen Standards erfüllen.

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