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Wissenschaft des Boxens: Eine Seite aus dem Buch.

© Panini

Duell der Superhelden: Als Muhammad Ali gegen Superman boxte

Muhammad Ali, der am Freitag gestorben ist, war auch als Comicfigur der Größte, wie der Klassiker „Superman vs. Muhammad Ali“ zeigt. Eine Liebeserklärung.

Ali war der Größte! Zwar waren 1978 seine große Kämpfe, die politischen und die sportlichen, schon lange vorbei. Aber trotzdem: Ali war der Größte! Um ihn zu sehen stand man nachts um drei Uhr auf und schaltete den Fernseher ein. Berliner Discotheken stellten TV-Geräte auf die sommerlichen Straße, damit die Gäste diese weltweiten Übertragungen sehen konnten. Der „Rumble in the Jungle“ 1974 gegen George Foreman oder ein Jahr später der „Thrilla in Manila“ gegen Smokin' Joe Frazier waren Ereignisse wie die Mondlandung, man MUSSTE das gesehen haben.

Was lag also näher, als Ali - der jetzt mit 74 Jahren gestorben ist - zu einer Comicfigur zu machen und gegen den größten Comic-Charakter aller Zeiten antreten zu lassen? „Superman vs. Muhammad Ali“ erschien 1978 im übergroßen Tabloid-Format und eigens dafür aktivierte man noch einmal – ein grandioses letztes Mal – das beste Team, das jemals in den US-Comics zusammen gearbeitet hatte: Neal Adams zeichnete und der ehemalige Journalist Denny O'Neil schrieb die Geschichte dazu.

Und auch wenn die aus heutiger Sicht von tränentreibender Schlichtheit ist – eine außerirdische Rasse will die Erde erobern und nur ein Kampf Supi gegen Ali kann das verhindern – damals war das ganz großes Kino. Schon alleine Alis Monologe bewiesen, was für ein gutes Ohr O'Neil hatte: Genau so sprach „Der Größte aller Zeiten“, ein Angeber, der nichts ernst nahm, keine Autoritäten anerkannte, dem aber dabei die Selbstironie aus allen Ecken tropfte.

Und dann die Szene, in der er Supi die „große Wissenschaft des Boxens“ beibringt, („Ein Haken beginnt als Frage und endet mit einer Erklärung.“), und die tolle Raumschiffarmada, und der außerirdische Boxer, gegen den der Gewinner antreten muss - es war einfach wunderbar, es machte beim Lesen gute Laune, es war der beste Comic aller Zeiten, das bewies doch schon die regalsprengende Größe, oder?

Überlebensgroß: Das Cover des Albums.
Überlebensgroß: Das Cover des Albums.

© Panini

Es waren schöne Zeiten, einfache Zeiten, Zeiten, in denen Rechtsanwälte noch nicht die Erde regierten und in denen man auf dem Cover einfach mal über 100 prominente Gäste rund um den Boxring platzierte (darunter die Beatles, Pelè, Jimmy Carter, Kurt Vonnegut und Woody Allen), egal, ob das nun durch Persönlichkeitsrechte abgedeckt war oder nicht. Doch genau deshalb dauerte es 32 Jahre bis vor zwei Jahren endlich eine Neuauflage erscheinen durfte. Seit kurzem liegt „Superman vs. Muhammad Ali“ auch auf Deutsch wieder vor und man muss sagen: Diese Ausgabe schlägt die amerikanische um Längen, hat sie doch das tolle Überformat UND das interessante Zusatzmaterial; bei den Amis musste man sich für Eines entscheiden. Ein Comic aus einer Zeit, als Comics „nur“ cool und lustig sein mussten. Und als Ali der Größte war! Hun'Ya!                                    

P.S.: Als Ali 1996 bei den Olympischen Spielen in Atlanta die Flamme anzünden durfte, trotz Krankheit voller Würde, schwarz und stolz, gezeichnet von so vielen Kämpfen, geschlagen, aber nicht besiegt, saß dieser Autor vor dem Fernseher und heulte Rotz und Schleier. Danny Boyle konnte diesen Augenblick in London nicht wiederholen; anscheinend weilt nur noch Alis Körper auf dieser Erde, seine Seele ist längst gegangen. In diesem Comic lebt sie noch.

Neal Adams,Denny O'Neil: Superman vs. Muhammad Ali, Panini, 100 Seiten, 19, 95 Euro. Weitere Artikel von Lutz Göllner gibt es unter diesem Link

Redaktioneller Hinweis: Der Artikel wurde erstmals im August 2012 auf www.tagesspiegel.de veröffentlicht und wurde jetzt aus aktuellem Anlass leicht aktualisiert.

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