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© Illustration: Anike Hage/Tokyopop

Deutscher Manga: Gothic Lolitas auf dem Schulhof

Anike Hages Serie "Gothic Sports" verbindet japanische Manga-Einflüsse und deutsche Teenager-Erfahrung auf besonders erfolgreiche Weise.

Der Stoff, aus dem „Gothic Sports“ besteht, ist so simpel wie gut: Die Schülerin Anya macht die Erfahrung, wie hart es ist, an einer neuen Schule anzufangen, obwohl der Wechsel freiwillig war. Die 16-jährige Blondine wollte unbedingt auf das Lucrece-Gymnasium, weil die Schulmannschaften hier den besten Ruf der Stadt haben. Denn Anya träumt davon, Sportlerin zu werden, es diesmal „endlich durchzuziehen“.

Das Durchziehen fällt ihr allerdings nicht leicht. Die eifersüchtige Marie mobbt sie aus der Basketballmannschaft und der ehrgeizige Trainer des Fußballvereins hat keinerlei Interesse an einem weiblichen Neuling, an einer, die man erst anlernen muss. So bleibt Anya in ihrer Verzweiflung nichts anderes übrig, als selbst eine Fußballmannschaft zu gründen. Und damit die Mitglieder anlockt, lässt sich ihre immer gut gelaunte Freundin Filiz etwas einfallen: einen gewagten Look. Gothic-Mode für den Sportgebrauch, also schwarze Trikots mit Spitzen für die Mädchen und schwarze T-Shirts mit roten Nähten für die Jungs.

Nun muss die Mannschaft nur noch lernen, wie man Fußball spielt. Das bedeutet hartes Training, Wettkämpfe, Streitereien und natürlich auch Flirts unter den Spielern…

In Japan gibt es den deutschen Manga als E-Book

Soweit der Plot. Der jungen Autorin Anike Hage ist mit dem Manga ein unerwarteter Erfolg gelungen: „Gothic Sports“ hat sich schnell als eines der beliebtesten Comics deutscher Manga-Fans etabliert. Die Comicreihe begann 2006, vor wenigen Monaten ist der vierte Band bei Tokyopop erschienen. Nun warten die Fans auf das fünfte Buch, in dem laut Vorankündigung neue Konflikte unter den seltsam gekleideten Sportfreunden ausgetragen werden.

Inzwischen hat Hage Lizenzen nach Frankreich und in die USA verkauft. In Japan ist der deutsche Manga online als E-Book erhältlich. Die 22-jährige Hage zählt inzwischen zu den erfolgreichsten „Mangakas“ in Deutschland, wie die speziellen Zeichner genannt werden. Ihre Gothic-Sportler erhielten 2007 die Sondermann Auszeichnung und den AnimaniA-Award, beides Publikumspreise aus der Comicbranche.

Klamotten, die an Barock und Ghetto zugleich erinnern

Anike Hages Werdegang klingt nach einem Künstlertraum: Als Mädchen aus Wolfenbüttel zeichnete sie schon in der Grundschule, krakelte Figuren von Videospielen nach und versuchte sich früh an eigenen Geschichten. Ihre Karriere startete 2004 beim Zeichenwettbewerb der Leipziger Buchmesse, wo sie den Auftrag für die Gestaltung des Plakats für Leipzig 2005 erhielt.

Im gleichen Jahr nahm der Hamburger Verlag Tokyopop die aussichtsreiche Zeichnerin unter Vertrag. Gothic Sports ist ihre erste eigene Serie. 

Es ist die Geschichte eines Außenseiter-Teams. Jeder Charakter hat seine eigenen Probleme, zwischen denen die Zeichnerin mit gekonnter Feder hin- und herspringt. Man merkt den Panels an, dass die Autorin selbst dem Schulalltag noch nicht lange entronnen sein kann. Doch trotz Schulhofdramatik kommt die Geschichte locker, leicht und unkompliziert daher. Auch dass Filiz eine „Gothic Lolita“ ist, die einen verrückten, japanischen Modestil lebt, wird nicht weiter thematisiert. Filiz läuft in Klamotten herum, die irgendwie an Barock und Ghetto zugleich erinnern. Doch bei Hage ist das nicht der Rede wert. Hier wird japanische Mangawelt und deutscher Schulalltag miteinander vermischt, als wäre es das natürlichste der Welt.

Anike Hage: Gothic Sports, bislang vier Bände, Tokyopop, je Band rund 180 Seiten, jeweils 6,50 Euro. Anike Hages Website findet man unter diesem Link.

Ferda Ataman

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