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Klug und charmant: Eine Szene aus „Adeles ungewöhnliche Abenteuer“ von Jacques Tardi.

© Illustration:Tardi/Edition Moderne

Comicverfilmung: Hutschachteln und Holzkisten

Luc Besson inszeniert einen Comic von Jacques Tardi: „Adèle und das Geheimnis des Pharaos“ - das Ergebnis bleibt hinter der Comic-Vorlage ebenso zurück wie hinter Bessons besseren Filmen.

Paris 1912. Die gepflasterten Avenuen hallen vom Gerassel der Kutschen wider, und der Montmartre ist nichts weiter als ein grüner, mit Windmühlen gespickter Hügel. Die Reporterin Adèle Blanc-Sec kehrt von einer anstrengenden Expedition aus Ägypten zurück. Mitten zwischen all ihren Hutschachteln hat sie in einer Holzkiste eine Mumie mitgebracht – offenbar der einbalsamierte Leibarzt von König Ramses II. Der soll, flugs wiederbelebt, Adèles todkranke Schwester heilen. Just zur selben Zeit aber entschlüpft im Jardin des Plantes einem enormen Pterodaktylus-Ei ein Flugsaurier, der bald ganz Paris terrorisiert. Das exotische Tier wird schnell zur Staatsaffäre – und Adèle nimmt die Sache in die Hand. Soviel zum fantastischen Szenario von Luc Bessons „Adèle und das Geheimnis des Pharaos“, Start einer dreiteiligen Saga, wie Regisseur Luc Besson bereits verkündet hat.

Der Film beruht auf zwei Alben einer Comic-Serie, die der Franzose Jacques Tardi in den siebziger Jahren gezeichnet hat. Auch auf der Leinwand lässt Besson das Paris der Belle Epoque mit minutiöser Sorgfalt auferstehen. Es ist eine Labsal für die Augen, durch dieses elegante und mit Spezialeffekten animierte Paris zu schweifen – und zugleich eine Freude, wiewohl nur ein Millionär wie Luc Besson sie sich schenken kann: Er baute die Cheopspyramide und den Louvre mal eben im Studio nach.

Die Titelrolle hat Besson der ehemaligen Wetterfee Louise Bourgoin anvertraut, in Frankreich eine Berühmtheit wegen ihrer humorvollen Präsentationen und Parodien. Sie versieht die Rolle mit der nötigen Anmut, Forschheit und Frische, auch wenn sie als Akteurin eher überzeugte, als sie noch ihre Zeitgenossen im Fernsehen nachäffte. Andererseits bleibt Bessons Adèle leider ohnehin optisch und charakterlich glatter als die Fantasiefigur Tardis, der sie als unhöfliche und unschöne Rothaarige zeichnete.

Selbstbewusst, kampfeslustig, zickig und überaus weiblich: Louise Bourgoin als Adèle.
Selbstbewusst, kampfeslustig, zickig und überaus weiblich: Louise Bourgoin als Adèle.

© Promo

Offenbar kann der Regisseur nicht von seiner Manie lassen, stets eine junge und schöne Frau aufs Filmplakat zu hieven – so geschehen mit Anne Parillaud in „Nikita“, Milla Jovovich in „Das fünfte Element“ und „Jeanne d’Arc“ und zuletzt Rie Rasmussen in „Angel-A“. Immerhin: Abgesehen von der dekorativen Heldin hat „Adèle und das Geheimnis des Pharaos“ Platz für allerlei Archetypen mit gewichsten Schnurrbärten – Gilles Lellouche als gefräßiger Polizist, Jean-Paul Rouve als grotesker Großwildjäger und Jack Nercessian als verrückter Gelehrter haben vor allem die Aufgabe, erwartbare Gags aneinanderzureihen.

Waren die düsteren Pariser Gassen des Jacques Tardi noch der Rahmen für ätzende Intrigen, so betritt Besson nun denselben Parcours gewissermaßen mit schweren Holzpantinen. Sein Postkartenparis bleibt seelenlos, seine Abenteuerkomödie altbacken und bloßes ästhetisches Zitat jener „Amélie“-Klischees, die auch im Ausland immer noch für einen Erfolg gut sind. Da wirken dann selbst die Spezialeffekte letztlich wie ein Abklatsch von Tardis Comic-Universum. Lichtjahre entfernt von seinem kontemplativen und zugleich aufregenden Film „Im Rausch der Tiefe“, geht Besson mit „Adele“ weiter exakt jenen Weg zur Familienunterhaltung mit großen Budget, den er bereits mit „Arthur und die Minimoys“ geebnet hat. Wer’s mag.

Annabelle Georgen

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