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Netzwerker: Das Verzeichnis der Comic-Fachgeschäfte auf www.comics-kaufen.de.

© Tsp

Comic-Händler in der Coronakrise: Fachgeschäfte setzen auf Solidarität der Leser

Die Coronakrise macht auch Comic-Händlern zu schaffen. Eine neue Initiative soll Kunden helfen, die lokalen Fachgeschäfte zu unterstützen.

Neben vielen anderen Branchen leidet auch der Comic-Handel zunehmend unter den Folgen des Coronavirus für die Wirtschaft. Einen besonders harten Schlag versetzte am Donnerstag der US-Großhändler Diamond dem Comic-Einzelhandel. Das in Baltimore sitzende Unternehmen, das für einen Großteil des Versands vor allem von periodisch erscheinenden Comic-Heften zuständig ist, kündigte an, bis auf Weiteres wegen der Coronakrise keine neuen Comics mehr auszuliefern.

Das ist für viele ohnehin seit Wochen schon an der Existenzgrenze arbeitende Händler vor allem in Nordamerika ein weiterer Rückschlag, der nur schwer zu verkraften sein dürfte. Schätzungen zufolge gibt es in den USA rund 2000 Comicläden, von denen viele direkt von den Lieferungen von Diamond abhängen. Aber auch dutzende deutsche Comic-Läden, die ebenfalls nennenswerte Teile ihrer neuen Comics aus den USA beziehen, dürfte das hart treffen.

Rettungsmaßnahme: In dieser Szene aus "Action Comics" #840 (2006) kämpft Superman gegen einen Bösewicht namens Dr. Virus.
Rettungsmaßnahme: In dieser Szene aus "Action Comics" #840 (2006) kämpft Superman gegen einen Bösewicht namens Dr. Virus.

© DC/Promo

Dazu kommt, dass viele nordamerikanische Verlage wegen der zunehmenden Zahl geschlossener Comicläden und anderer Faktoren allemal angekündigt haben, ihre aktuelle Produktion neuer Comics herunterzufahren oder bis auf Weiteres einzustellen.

Entgegen diesem Trend kündigte allerdings der Verlag DC, einer der großen Player der US-Comicszene („Batman“, „Superman“), am Sonnabend an, nach dem Rückzug von Diamond nach anderen Vertriebswegen für seine neuen Comics zu suchen und die Produktion vorerst nicht einzustellen.

Spenden für die Mitarbeiter von Comicläden

In Nordamerika versuchen inzwischen manche Betreiber von Comic-Läden oder ihre Unterstützer, die Umsatzbeinbrüche durch Spendensammlungen zu kompensieren. So hat die kanadische Zeichnerin Jenn Woodall vergangene Woche eine Hilfsaktion für drei populäre Comicläden in Toronto gestartet, die als Leuchttürme der dortigen Szene gelten und unter anderem das international bekannte Toronto Comic Arts Festival (TCAF) tragen, das in diesem Jahr wegen der Coronakrise ausfällt: „The Beguiling“, „Page & Panel“ und der Kinder-Comicladen „Little Island“.

Zarte Pflanzen. Mit diesem Bild hat die Zeichnerin Jenn Woodall eine Spendenkampagne für drei Torontoer Comicläden illustriert.
Zarte Pflanzen. Mit diesem Bild hat die Zeichnerin Jenn Woodall eine Spendenkampagne für drei Torontoer Comicläden illustriert.

© Jenn Woodall/gofundme

Bis Sonntagabend haben dort mehr als 200 Menschen rund 15.000 Dollar gespendet, mit denen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der wegen der Coronakrise weitgehend geschlossenen Läden dabei geholfen werden soll, laufende Lebenshaltungskosten abzudecken.

www.comics-kaufen.de bringt Händler und Kunden zusammen

In Deutschland hat eine Initiative aus der Comic-Szene einen anderen Weg gewählt, um Comicleser dafür zu gewinnen, ihre lokalen Händler in der Not zu unterstützen. Auf der vergangenen Donnerstag freigeschalteten Website www.comics-kaufen.de können Comicleserinnen und – leser sehen, welche Läden in ihrer Umgebung trotz der Krise entweder weiter geöffnet haben oder Buchlieferungen und Abholservices anbieten. Getragen wird die Initiative von dem Comicvertrieb PPM (Peter Poluda Medienvertrieb), Levin Kurio (Verlag und Vertrieb), der vom Splitter-Verlag getragenen Website Comic.de sowie dem Comic-Informationsdienst „die neunte“ von Martin Jurgeit.

Durch die Eingabe der eigenen Adresse können Kundinnen und Kunden in wenigen Klicks sehen, welche Services Comic- und teilweise auch Buchläden in der eigenen Umgebung anbieten. „Die derzeitigen staatlichen Anordnungen ermöglichen es auch während des Shutdowns weiterzuarbeiten – wenn auch stark eingeschränkt“, heißt es in der Pressemitteilung zu dieser Initiative. „Und auch das Runterfahren der Aktivitäten im Buch-Segment beim Versandhändler Amazon zugunsten anderer Bereiche wie Haushaltswaren oder Sanitätsartikel bietet gerade den Comic-Fachhändlern Chancen, die Kunden in dieser angespannten Situation weiter an sich zu binden.“

Die Organisatoren der Initiative „Comics-kaufen.de“ wollen mit dem Projekt „einen kleinen, aber durchaus spürbaren Beitrag dazu leisten, dass die Aktivitäten innerhalb der deutschsprachigen Comic-Branche in diesen schweren Tagen und Wochen nicht völlig zum Stillstand kommen“, wie sie sagen. „Denn das könnte einen irreparablen Schaden nicht nur für den Handel, sondern auch die heimische Verlags- und Künstlerszene nach sich ziehen.“

„Unsere Läden sind sehr leer“

Viele Händler haben in den vergangenen Tagen kräftig daran gearbeitet, ihre Online-Präsenz zu verbessen und ihre Kundschaft darauf hinzuweisen, dass sie trotz der Coronakrise noch da sind. „Was uns am meisten helfen würde, wäre natürlich mehr bei uns zu kaufen“, sagt Micha Wießler, der in Berlin drei Comic-Geschäfte unter dem Namen „Modern Graphics“ betreibt. „Und für Stammkunden, ihre Abos und Bestellungen noch abzuholen oder sich diese schicken zu lassen.“ Zumindest zwei seiner drei Geschäfte haben vorerst noch geöffnet, wenn auch mit eingeschränkten Öffnungszeiten, die sich auf der Website von Modern Graphics finden.

Wiesler betont, dass ein Besuch im Comicgeschäft derzeit in der Regel kein besonders großes Risiko bedeutet: „Unsere Läden sind sehr leer, man kann uns sehr gut besuchen und läuft keine große Gefahr in eine Menschenmenge zu geraten.“ Und wer das nicht möchte, habe eben die Möglichkeit, sich Lesestoff zu bestellen und nach Hause liefern zu lassen, im Fall von Modern Graphics per Moped, Fahrrad und zu Fuß. Und wer seine lokalen Fachhändler zusätzlich unterstützen wolle, habe zudem auch die Möglichkeit, Gutscheine zu kaufen.

„Am besten ist es, wenn die Comicleser weiterhin Comics kaufen, und auch lieber mal einen Comic mehr als einen weniger“, sagt auch Frank Wochatz, Betreiber des Berliner Fachgeschäfts Comics & Graphics, wenn man ihn nach Hilfsmöglichkeiten fragt. „Ob die Bücher abgeholt werden, oder ob diese Comics von uns versandt oder ausgeliefert werden, oder ob Gutscheine gekauft werden ist dabei eigentlich eher zweitrangig.“

Von Spendenaufrufen wie in der nordamerikanischen Comicszene sehe man vorerst ab. „Da gibt es stärker betroffene Läden und Institutionen“, sagt Wochatz, „wir können ja - wenn auch eingeschränkt - noch arbeiten.“ Allerdings gelten auch bei ihm eingeschränkte Öffnungszeiten, die auf der Website des Ladens zu finden sind. Ansonsten sei es hilfreich, „wenn die Kunden ihre Comics vorbestellen, da wir natürlich den Lagerbestand etwas reduzieren müssen. Insbesondere bei Novitäten müssen wir jetzt noch genauer schauen, wie viele Exemplare wir bestellen.“ Zudem bitte er seine Kunden derzeit um eine „gewisse Toleranz für Lieferzeiten“, denn die Logistikunternehmen seien ja von der Krise ebenfalls betroffen.

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