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"La chasse au mayor" (Jagd auf den Mayor): Eines der Bilder, das derzeit im Max-Ernst-Museum in Brühl zu sehen ist.

© epd

Update

Wegen des großen Erfolges: Moebius-Retrospektive wird verlängert

Die erste Retrospektive von Jean Giraud alias Moebius in Deutschland geht in die Verlängerung: Das Max-Ernst-Museum zeigt sie sechs Wochen länger als geplant.

Das vogelartige Geschöpf scheint jeglicher Schwerkraft zu trotzen: Sein massiger schwanzloser Körper wirkt wie aus Stein gemeißelt. Es ist ein Rätsel, wie er seine schweren Schwingen dazu bringt, sich zu bewegen. Dennoch schwebt das Vogelwesen mit seinem spitzhütigen Reiter Arzach scheinbar schwerelos durch eine fantastische Landschaft.

Die „Arzach“-Geschichten von Jean Giraud (1938-2012) gelten als Klassiker des fantastischen Comics. Zu sehen sind Zeichnungen aus der Serie im Großformat seit vergangenem September in der Ausstellung „Moebius“ im Max-Ernst-Museum. Eigentlich sollte die Retrospektive mit rund 450 Zeichnungen, Comicfolgen, abstrakten Gemälde und Druckgrafiken am 16. Februar enden.

Doch jetzt verkündete das Museum, dass die Schau noch sechs Wochen länger zu sehen sein wird: „Wegen des großen Erfolgs“ wird die Ausstellung „Moebius“ nun bis zum 29. März gezeigt.

Moebius wurde bekannt für seine Figuren mit ihren langgezogenen Helmen auf den Köpfen, seine futuristischen, vertikal angeordneten Stadtperspektiven und die besondere Farbgebung seiner Westerncomics mit ihren verwischten Braun-, Blau- und Gelbtönen. In seinen Geschichten treffen utopische Architekturen und futuristische Megametropolen auf Wüstenlandschaften und schamanische Reisen durch Raum und Zeit.

Von Mexiko inspiriert

Giraud begann schon während der Schulzeit Comics zu zeichnen und studierte später Kunst in Paris. In den 50er Jahren hatte er erste Veröffentlichungen in verschiedenen französischen Comic-Magazinen.

Seinen ersten Welterfolg hatte er in den 60er Jahren zusammen mit dem belgischen Szenaristen Jean-Michel Charlier mit der Serie „Leutnant Blueberry“, die er unter dem Kürzel „Gir“ veröffentlichte. Die Arbeit an dieser Serie währte mehr als vier Jahrzehnte.

Selbstporträt: Dieses Bild nannte Giraud "Trait de genie: Giraud-Moebius".
Selbstporträt: Dieses Bild nannte Giraud "Trait de genie: Giraud-Moebius".

© epd

Der Held der Geschichten, der US-Army-Leutnant Mike Steve Blueberry, erlebt während der Indianerkriege im Wilden Westen zahlreiche gefährliche Abenteuer. Später macht er sich auf die Suche nach einem Schatz in Mexiko.

Giraud selbst war mehrmals nach Mexiko gereist, wo seine von seinem Vater getrennte Mutter lebte. Die mexikanische Landschaft hatte starken Einfluss auf die Farbgebung und die Motive seines Werks.

1975 gründete Giraud sein eigenes Comic-Magazin „Métal Hurlant“ und einen Verlag. Dort veröffentlicht er unter dem Namen „Moebius“ unter anderem die merkwürdigen Geschichten von Arzach.

Mit Hilfe einer App animiert

Für die Besucher des Max-Ernst-Museums werden der Reiter und das Vogelwesen mit Hilfe einer App tatsächlich lebendig. Wird das Bild durch die Smartphone-Kamera betrachtet, so bewegen sich die Schwingen des Tieres plötzlich.

Auch mehrere andere Figuren der Ausstellung werden auf diese Weise animiert. So wird die Flucht vor einem schildkrötenartigen Fantasiewesen reell. Ein behelmter Held scheint durch eine Fensteröffnung geradewegs auf den Besucher zuzukommen.

"Starwatcher" (Sterngucker): Ein weiteres Bild aus der Ausstellung.
"Starwatcher" (Sterngucker): Ein weiteres Bild aus der Ausstellung.

© epd

Neben Western und fantastischen Comics schuf Giraud auch futuristische Weltraum-Geschichten wie etwa die Saga „John Difool“, mit der er in den 80er Jahren Erfolg hatte. Daneben arbeitete er an Filmen mit, darunter „The Abyss“ und „Das fünfte Element“.

„Comics werden oft nicht als Kunst wahrgenommen“

Weniger bekannt ist das abstrakte Werk des Zeichners. Er übertrug das Prinzip der „écriture automatique“, des automatischen Schreibens, auf das Zeichnen. Moebius schuf rauschartige, farbige Bilder mit organischen Formen.

Die Brühler Ausstellung würdigt Giraud als Künstler. Das ist nicht selbstverständlich. „Comics werden oft nicht als Kunst wahrgenommen“, sagt seine Witwe, Isabelle Giraud. „Jean Giraud hat ein großes internationales Renommee, aber von der Kunstkritik wurde er immer etwas außen vor gelassen.“

In Deutschland wurde Giraud im Jahr 2000 auf dem Internationalen Comic-Salon in Erlangen mit einem Sonderpreis für sein Lebenswerk und seinen Beitrag zur Ikonografie der Popkultur geehrt.

In Brühl haben die Besucher die Möglichkeit, in die fantastischen Bilder des französischen Zeichners einzutauchen. Wer seine Comics jedoch nicht kennt, wird in dem bunten Universum mitunter etwas orientierungslos bleiben. (epd/lvt)

Claudia Rometsch

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