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Umgeschult: Eine Szene aus „Yakuza goes Hausmann“.

© Carlsen

Ausgezeichneter Humorcomic: Der Killer in der Küche

In der exzentrischen Manga-Reihe „Yakuza goes Hausmann“ lässt Kousuke Oono einen Ex-Killer gegen Flecken, Staubsaugerroboter und andere Widersacher antreten.

Auftritt „Immortal Tatsu“: Kunstvoll tätowiert bis zur Halskrause mit grimmigem, eiskaltem Blick und einer superscharfen Klinge im Hosenbund steht er – bekleidet mit niedlicher Shiba-Inu-Schürze über dem adretten Anzug in der winzigen Küche am heimischen Herd und bereitet ein Character-Bento für seine Frau zu.

So werden in Japan Frühstücksboxen mit speziellen Dekorationen in Form bekannter Medien-Universen wie „Dragon Ball“ und Co. genannt. Diese stürmt im nächsten Moment aus dem Haus. Ein wichtiges Meeting erwartet die vielbeschäftigte Karrierefrau. Und in der Hektik lässt sie doch glatt das liebevoll gestaltete Frühstück liegen.

Das kann Tatsu nicht auf sich sitzen lassen. Er verpackt die Box auslaufsicher in einen Zip-Beutel und stilecht in einen silbernen Aktenkoffer, schnappt sich Schal und Hut und schwingt sich – noch immer in Schürze – auf seinen Drahtesel. Kein Wunder, dass er in dem verdächtigen Outfit an der nächsten Ecke von der Polizei angehalten wird! Wird es ihm gelingen, an den Ordnungshütern vorbeizukommen?

Eine weitere Seite aus „Yakuza goes Hausmann“.
Eine weitere Seite aus „Yakuza goes Hausmann“.

© Carlsen

Hollywood hat längst erkannt, dass gewisse Berufsgruppen wie Personenschützer und Co. in anderen menschennahen Berufen eine amüsante Figur machen. Sonst würden absurde Komödien wie „Kindergarten Cop“, „Der Babynator“ und „Zahnfee auf Bewährung“ nicht in schöner Regelmäßigkeit die Kinokassen zum Klingen bringen. Der domestizierte Yakuza ist die logische Konsequenz. Manga-ka Kousuke Oono spielt in „Yakuza goes Hausmann“ (Carlsen, bislang 3 Bände, je 160 S., je 7,50 €) gekonnt mit den gängigen Klischees und bekannten Fakten rund um die „japanische Mafia“.

Mit einem Eisner Award ausgezeichnet

Der absurde Kontrast zwischen dem mit allen Wassern gewaschenen Gangster und dem hingebungsvollen „Hausmann in Vollzeit“ ist das alles bestimmende Thema der Manga-Serie, die in Japan im Online-Magazin „Kurage Bunch“ für junge Erwachsene erscheint.

Am vergangenen Wochenende wurde die Reihe auch mit einer der wichtigsten Comicauszeichnungen des USA geehrt: Mit einem Eisner Award für den besten Humorcomic.

Fortsetzung folgt: Das Titelbild des dritten Bandes der Reihe.
Fortsetzung folgt: Das Titelbild des dritten Bandes der Reihe.

© Carlsen

In jedem der episodisch erzählten Kapitel muss Tatsu eine mal klassische, mal aberwitzige Hausfrauensituation meistern. Dabei kommen ihm sehr häufig seine Yakuza-Fähigkeiten zugute. Noch häufiger holt ihn aber seine Vergangenheit ein – meist in Form anderer Gangster, die noch eine Rechnung mit ihm offen haben.

Mit Tatsu, einem ehemaligen geläuterten Yakuza, der nun ebenso engagiert und selbstaufopfernd den Haushalt führt wie er früher seine Gegner plattgemacht hat, kreierte Kousuke Ono einen zum Brüllen komischen Protagonisten.

Zum einen amüsiert seine unverändert harte Gangster-Wortwahl, etwa wenn er im Supermarkt nach dem guten weißen Zeug fragt, das wie Schnee aussieht. Zum anderen beeindruckt seine Unnachgiebigkeit, sein Eifer und die unübersehbare Liebe zu seiner Frau.

Allerdings muss man schon eine Affinität zu japanischem Slapstick haben, um die Witze genießen zu können, die auf ein westliches Humorverständnis schnell kindisch oder überzogen wirken können.

In Japan ein Millionen-Bestseller

Kousuke Oono wird es nie müde, Tatsu in coolen Gangster-Posen darzustellen. Sein Äußeres mit der 70er-Pilotenbrille, die nur einen Teil der heftigen Narbe in seinem Gesicht verdeckt, sorgt beständig für Missverständnisse.

Nur seine Nachbarn wissen, dass hinter der Fassade des Schwiegermutterschrecks ein raffinierter Haushaltskünstler steckt. Und das obwohl Tatsu inzwischen nach der Prämisse lebt: „Ohne Gewalt, denn die führt zu nichts!“

Zeichnerisch zwischen skurriler Comedy und knallharter Gangster-Action pendelnd gewährt die Serie augenzwinkernd Einblick in den Alltag japanischer Hausfrauen- und -männer, den der finstere Typ mit der Killervisage mit vollem Körpereinsatz meistert.

Die ersten Bände, die hierzulande bei Carlsen Manga erscheinen, sind abwechslungsreich und zeigen mannigfaltige Facetten des Ex-Yakuzas. Das lässt darauf hoffen, dass das Konzept auch langfristig reizvoll bleibt. Denn die Reihe, von der in Japan Ende 2019 bereits über 1,2 Millionen Exemplare verkauft worden sind, ist noch nicht abgeschlossen.

Sabine Scholz

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