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Handfeste Musikkritik: Eine Szene aus „Der goldene Hinkelstein“.

© Egmont

Asterix-Fundstück: Gallien sucht den Superstar

Für das Asterix-Album „Der goldene Hinkelstein“ wurde das Begleitheft einer Schallplatte von 1967 überarbeitet und neu aufgelegt.

In Asterix-Comics ist es schon Tradition, dass Troubadix, der Barde des gallischen Dorfes, beim abschließenden Festbankett geknebelt und gefesselt an der Seite sitzen muss, um nicht spontan ein Lied zu schmettern. Nie wurde sein musikalisches Talent ausreichend gewürdigt, denn die Dorfbewohner - vorwiegend grobschlächtige Hinkelsteinverkäufer, Fischhändler und Handwerker - sind allesamt amusische Barbaren.

Nun endlich zeigt der Spot auf Troubadix. Er steht im Mittelpunkt der Geschichte „Der goldene Hinkelstein“ (Egmont, 48 Seiten, Hardcover 13 €, Softcover 6,90 €): Um am bedeutendsten gallischen Bardenwettstreit teilnehmen zu können, reist er in den Karnutenwald. Für sicheres Geleit sorgen Asterix und Obelix. Wird das Fachpublikum nun endlich das Talent des Barden würdigen und ihn zum Sieger küren, ihm den begehrten „Goldenen Hinkelstein“ verleihen?

Doch auch Eucalyptus, ein gelangweilter, Musik-affiner römischer General, hat Interesse an Troubadix' Kunst... Vielleicht schafft der es ja gleich zum Superbarden des gesamten römischen Reiches?

„Ein verschollener Schatz“

Als im März dieses Jahres die Nachricht vom Tode des Zeichners Albert Uderzo kam, konnten Comicfans schon wehmütig werden, dass es keine neuen Zeichnungen des Meisters mehr geben würde, der noch im hohen Alter, nachdem er die Serie an seine Nachfolger Didier Conrad und Jean-Yves Ferri abgegeben hatte, für einzelne Illustrationen den Stift in die Hand nahm.

Geschmackssache: Eine Doppelseite aus „Der goldene Hinkelstein“.
Geschmackssache: Eine Doppelseite aus „Der goldene Hinkelstein“.

© Tsp

Umso überraschender die Ankündigung des Egmont-Verlags nur einen Monat später, dass ein „verschollener Schatz“ geborgen würde, ein Asterix-Album aus Uderzos Feder.

Das Besondere daran ist, dass es sich um die gedruckte Fassung eines Hörspiels handelt, das bereits 1967 in Frankreich in Form einer Langspielplatte erschien. Die Platte war damals schnell vergriffen und geriet in Vergessenheit, eine deutsche Version lag nicht vor (erst ab 1975 wurden deutsche Asterix-Hörspiele produziert).

Das beigelegte Schallplattenbuch enthielt neben dem vollständigen Sprecher-Text auch zahlreiche von Albert Uderzo eigens hierfür angefertigte Zeichnungen. Kein Comic also, sondern ein „illustriertes Album“ kann man jetzt in Händen halten, das sich in eine kleine Sammlung weiterer illustrierter Asterix-Bücher einreiht („Wie Obelix als kleines Kind in den Zaubertrank geplumpst ist“ oder die Filmadaptionen „Asterix erobert Rom“ und „Das Geheimnis des Zaubertranks“).

In jedem Falle ein schöner Coup, diese Trouvaille jetzt neu herauszubringen. Beim „Goldenen Hinkelstein“ handelt es sich um eine Originalstory, die für die Schallplatte konzipiert wurde und nicht, wie andere Asterix-Hörbücher, einfach ein schon vorhandenes Comicalbum adaptiert.

Geistreicher Humor mit einer Prise Haudrauf-Klamauk

Wie alle Asterix-Geschichten aus den Sechziger Jahren wurde das Hörspiel von René Goscinny verfasst. Es hat zwar eher den Charakter einer Kurzgeschichte und ist nicht so episch angelegt wie die meisten Comicalben, aber doch deutlich vom typischen geistreichen Humor des bereits 1977 verstorbenen Franzosen geprägt, ergänzt durch eine gute Prise Haudrauf-Klamauk.

Die farbigen, überwiegend sehr detailreichen Zeichnungen Uderzos, die ja ursprünglich für das quadratische Format des Schallplatten-Begleithefts konzipiert waren, lagen im Original nicht mehr vor und mussten (von ehemaligen grafischen Mitarbeitern Uderzos) für die Neuausgabe behutsam restauriert und an das Albenformat angepasst werden.

Das Titelbild des besprochenen Bandes.
Das Titelbild des besprochenen Bandes.

© Egmont

Insbesondere mussten Spuren des Druckrasters beseitigt werden, sodass am Ende Uderzos typischer Tuschestrich und die Farben wieder satt und frisch erscheinen.

Da diese Asterix-Geschichte eigentlich angehört werden sollte, wurde ein neues, 33minütiges Hörspiel (Label Karussell/Universal) in deutscher Sprache produziert, das man hier anhören und bei Musikstreamingdiensten herunterladen kann. Die Sprecher passen perfekt zu den bekannten Rollen, als höchst sensibler Troubadix mit sich überschlagender Stimme brilliert Kai Henrik Möller.

Es wird klar, dass in dem oft geschmähten Barden noch viel Potenzial für weitere Abenteuer steckt. Allein für seine Ausdauer, trotz vieler Widerstände beharrlich an seiner „Kunst“ festzuhalten, sollte er gebührend belohnt werden. Was gibt es da Formschöneres als einen Hinkelstein, der sicher auch den perfekten Resonanzraum für ein Klangkunstwerk darstellen würde?

Troubadix´ poetische Zeilen hätten es auf jeden Fall verdient, in die Annalen der spätantiken Musikhistorie einzugehen: „Am Hinkelstein, Geliebte mein, dort hatten wir ein Stelldichein...“

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