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Francesca Hayward als Victoria, die Verkleiden in einem menschlichen Schlafzimmer spielt.

© Universal

„Cats“ kommt ins Kino: Schnurren, singen, kratzen mit Taylor Swift und Idris Elba

Dünnes Fell, große Besetzung: Tom Hooper hat Andrew Lloyd Webbers Musicalwelterfolg „Cats“ verfilmt. Zu sehen ab dem 25. Dezember.

Wie sehen denn die aus? Im Internet gab’s im Sommer schon Haue von Katzenfreunden. Da löste die Veröffentlichung des ersten Trailers von „Cats“ allerlei Fauchen und Maunzen, um nicht zu sagen Spott und Befremden aus. Höchst kurios, wenn nicht gar gruselig sei der Look, den Tom Hooper in seiner Verfilmung des Musicalhits von Andrew Lloyd Webber dessen fantastischer Katzenwelt verpasst habe.

Nun kommt „Cats“ als Familienfilm zu Weihnachten heraus und tatsächlich dauert es ein paar Minuten, bis man die grundlegende ästhetische Setzung des Regisseur akzeptiert. Die Katzen sehen wie Menschen aus! Die meisten tragen statt eines Kostüms nur ein dünnes Fell und wirken darin auch ohne Geschlechtsmerkmale merkwürdig nackt. Ihre Größe entspricht trotzdem Katzenformat, das heißt Requisiten und Räume sind irritierend groß.

Reduzierter, rauer Look

Letzteres ist auch beim Bühnenoriginal gewollt. Doch da nimmt man den meist auf zwei Beinen laufenden Zwitterwesen ihr Katzendasein sofort ab. Der 1981 im Londoner Westend herausgekommene, seither unfassbar erfolgreiche Klassiker spielt eigentlich auf einem Schrottplatz und atmet den Geist des späten Punk und der New-Wave-geprägten Achtziger. Entsprechend reduziert und rau ist der Look. Und die Darsteller sehen mit ihren struppigen Perücken, aufgespachteltem Tiger-Make-up und dicke Stulpen an den Beinen tierisch verwegen aus.

Dagegen wirken die Strampelanzüge mit Digitalfell nun zwar staunenswert echt behaart, doch die menschliche Körpersilhouette der Tänzerinnen und Sänger erschwert die Illusion einer Katzenwelt. Trotz oder wegen der technischen Perfektion.

Taylor Swift und Idris Elba sind dabei

Dass sich der durch die Bühnensituation im Zaum gehaltene Pathosfaktor des britischen Musicalkönigs auf der Leinwand potenziert, hat Regisseur Hooper schon 2013 bei der Verfilmung des Schmachtfetzens „Les Misérables“ (Musik: Claude-Michel Schönberg; Buch: Alain Boublil) einkalkuliert. Dafür, wie auch für „The King’s Speech“, haben Hooper und seine Truppe zahlreiche Oscars gewonnen.

So wie „Les Misérables“, wo Hugh Jackman, Anne Hathaway und Russell Crowe ihre Parts selber sangen, prunkt auch „Cats“ wieder mit einem All-Star-Ensemble. Pop- und Schauspielstars wie Taylor Swift, Idris Elba, Jennifer Hudson, Judi Dench und Ian McKellen haben sich den Catsuit übergestreift. Gemein, dass man ihre Gesänge nur in der Originalversion hören kann. Die deutsche Fassung ist komplett synchronisiert. Das ist bei „Cats“ unvermeidlich. Das Stück ist von T. S. Eliots Gedichtband „Old Possums Katzenbuch“ inspiriert und kennt kaum gesprochenen Text.

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Dafür entgeht einem auf Deutsch nicht das kleinste Bildungszitat. Der abgehalfterte Katzenstar Grizzabella (Jennifer Hudson) beispielsweise, der den Superhit „Memory“ intoniert, lebt obdachlos „im wüsten Land“. Eliots Dichtung „The Waste Land“ lässt grüßen. Sonst hausen die Jellicalcats, wie der mit magischem Talent gesegnete Felidae-Stamm heißt, diesmal in einem Londoner Hinterhof der dreißiger Jahre.

Die Matriarchin lädt zum Ball

Piccadilly Circus, Trafalgar Square und eine Art-déco-Hotelruine namens „The Egyptian“ (ägyptischer Katzenkult!) dienen als teils gebaute, teils computergenerierte Retrokulisse. Die Umtriebe sind schnell erzählt: Einmal jährlich lädt die honigfarbene Matriarchin Alt-Deuteronimus (Judi Dench) alle Schnurrer zum Jellical Ball. Sie kürt eine von ihnen, die in eine Art Katzenhimmel aufsteigt und dort wiedergeboren wird. Victoria ( Ballerina Francesca Hayward), die in einem Sack ausgesetzt wurde, kommt zum Wettstreit hinzu. Den wiederum sabotiert Kater Mikesch, äh, Macavity (Idris Elba).

Geschmeidige Körpersprache der Tiere

Was „Cats“ an Spannung und Konflikten fehlt, macht der rauschende Revuecharakter der Gesangs- und Tanznummern wett. Klassisches Ballett und moderner Tanz, Steppnummern und Breakdance – Andy Blankenbuehlers Choreografien integrieren das spielend. Sie besitzen Dynamik, Poesie und Eleganz. Wie überhaupt die – von der schwebenden Kamera aufgegriffene – geschmeidige Körpersprache der Tiere etwa beim Pfotenputzen gut getroffen ist. Da harmonieren Schauspiel und CGI-Effekte wie Ohren- und Fellspiel bestens.

Der „Macavity-Song“ hat Wumms

Dass singende Schauspieler wie Dench und McKellen, denen das Alter auch die Gnade stimmiger Kostüme und schöner Masken beschert, mit brüchigen Stimmen überzeugen, schafft Sympathie. Besonders wenn McKellen als lakonischer Theaterkater Gus sprechsingt „Theater ist auch nicht mehr, was es war“. Die jazzige Färbung, die Hooper den musikalischen Arrangements mit Blick auf die Dreißiger verordnet hat, tut „Cats“ gut. Besonders der von Taylor Swift und Idris Elba im saxofonsatten Showtreppensound vorgetragene „Macavity-Song“ hat Wumms. Und von einem Mäuseballett bis zur Kakerlakenparade ist allerlei Augenpulver für Groß und Klein dabei. Schließlich ist eins der Erfolgsrezepte des Musicals, dass Katzen auch Kindern gefallen. Tom Hooper selbst ist „Cats“ mit zehn Jahren verfallen.

„Eine Katze ist bestimmt kein Hund“, singt Alt-Deuteronimus in der schmissigen Schlussnummer und fordert zum respektvollen Umgang mit ihresgleichen auf. Miau statt Wauwau! Im Kino hat man noch jedes Mal was gelernt.

Ab 25.12. im Adria, Astra, Cineplex Alhambra, Cineplex Neukölln Arcaden, Cineplex Spandau, OmU: Delphi Lux, Kino Spreehöfe, OV: Rollberg

[Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes hatten wir „Les Misérables“ fälschlicherweise auch Andrew Lloyd Webber zugeschrieben. Die Musik dazu komponierte jedoch Claude-Michel Schönberg, das Buch stammt von Alain Boublil. Wir haben den Fehler korrigiert.]

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