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Burghart Klaußner

©  dpa/Markus Scholz

Burghart Klaußner zum 70.: Im Teufel steckt der gefallene Engel

Bei ihm wirft auch das Tragische noch den Schatten der Komödie: Schauspieler Burghart Klaußner wird an diesem Freitag 70. Eine Gratulation.

Er ist keiner dieser großmächtig raumfüllenden, leinwandfüllenden Schauspieler. Trotzdem ist er, ob im Theater oder im Film, keiner, der erst aus dem Hintergrund nach vorne treten muss. Burghart Klaußner wirkt immer vom ersten Augenblick an: hochpräsent.

Sein Geheimnis, das sonst ja auch keines wäre, ist nicht so aufs Geratewohl zu beschreiben. Denn dieser Klaußner erscheint zugleich kräftig untersetzt und bewahrt doch etwas Filigranes. Er tritt auf und schwebt, gewichtig und leicht, bodenständig und geisterhaft. In seinem runden Kopf steckt eine spitze Nase und schauen, schmal wie sein Mund, mal listige, mal schalkhafte Augen heraus. Wenn er zu großer Härte fähige Typen spielt, ob vor zehn Jahren den skrupellosen Pastor in Michael Hanekes Kinomeisterwerk „Das weiße Band“ oder kurz darauf im Schauspiel Dresden den vom familiär Skrupulösen ins weltpolitisch Unerbittliche treibenden König Philipp in Schillers „Don Carlos“– immer steckt im Teufel der gefallene Engel, kommt das Böse mit eher sanfter Stimme, wirft das Tragische auch den Schatten noch der Komödie.

Ein nachdenklich sanftes Raubtier

Ganz deutlich wurden Burghart Klaußners Ambivalenzen spätestens 2004 bei seiner ihm auch fürs internationale Filmgeschäft (bei Bille August oder Steven Spielberg) die Bahn bereitenden Rolle des entführten vermeintlichen Bonzen in Hans Weingartners hintergründigem Drama „Die fetten Jahre sind vorbei“. Voll scharfem Kontrast spiegelt sich Klaußners Kunst dann 2015 in einem Nebenpart sowie als Protagonist: Er stellte in Oliver Hirschbiegels „Elser“-Film über den scheiternden Hitler-Attentäter den gleichfalls historischen NS-Kriminaldirektor Arthur Nebe als fast nachdenklich sanftes Raubtier dar. Und kurz darauf besticht er in verblüffend authentischer Wuschelkopf-Maske als Titelheld in Lars Kraumes „Der Staat gegen Fritz Bauer“. Beim Abbild des hessischen Generalstaatsanwalts, der um 1960 die Frankfurter Auschwitz-Prozesse erkämpfen musste, zeichnet Klaußner das Porträt eines Guten der Geschichte, der im Menschenfreund doch auch mit dem Misanthropen ringt, der das innere Drama des deutsch-jüdischen homosexuellen Remigranten im „heimatlichen Feindesland“ ungemein plastisch exponiert.

Als halbtragischen Komödianten hat man ihn zuletzt wiederum unheimlich „echt“ erlebt. Äußerlich nah am realen Vorbild und dennoch reflexiv bedacht, also nie unbrechtisch verinnerlicht oder bloß nachahmend, zeigte er den gealterten, sterbenden Brecht im zweiten Teil von Heinrich Breloers Fernsehfilm über den aus dem amerikanischen Exil nach Ostberlin zurückgekehrten Theatermacher. Kein großer Wurf der Regie, doch der Schauspieler ein Ereignis. So möge es mit Burghart Klaußner, der an diesem Freitag, den 13. siebzig wird und auch fürderhin Theater spielt und sogar Bücher schreibt oder als Sänger Konzerte gibt, noch immer glücklich weitergehen!

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