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Der Gewinner, Sebastian Wartig aus Dresden.

© Matthias Heyde

Bundeswettbewerb Gesang: Der Klang der Zukunft

Parade toller Stimmen: Das Finale des Bundeswettbewerbs Gesang in der Deutschen Oper zeigt, wie hoch das Niveau beim Sängernachwuchs ist.

Wenn fast 2000 Augenpaare auf dich blicken und die Aufregung dich fast auffrisst – dann ist es gut, einen coolen Moderator zu haben, der mit britischem Witz in die Blase sticht, auf dass ein wenig Luft entweiche. Daniel Hope spielt diese Rolle beim Finale des Bundeswettbewerbs Gesang in der Deutschen Oper Berlin mit Bravour, als Geigensolist dürfte er selbst schon alle Höllenkreise des Lampenfiebers durchschritten haben. Eine Finalistin singt Rossini? Bitte sehr, Hope hat für alles eine Anekdote parat: Warum er denn Wagners „Tannhäuser“ mit umgedrehten Noten spiele, soll ein Schüler den Meister aus Pesaro gefragt haben, das klinge ja grauenvoll. „Ich hab es schon andersrum versucht“, antwortet der wütend, „klingt auch nicht besser.“

Gleich die erste Teilnehmerin legt stark vor: Athanasia Zöhrer singt Gounods „Ah! Je veux vivre dans le rêve“ aus „Romeo und Julia“ mit sattem Sopranschmelz und kindlich-überschwänglichem Minenspiel – zu überschwänglich vielleicht, am Ende bekommt sie nur den vierten Preis. Von völlig anderem Temperament: Henriette Gödde, die sich in Saint-Saëns’ „Mon cœur s’ouvre à ta voix“ eher mütterlich gibt. Sylvia Rena Ziegler - die Siegerin? - verleiht „Una voce poco va“ aus Rossinis „Barbiere“ mit mysteriös eingedunkeltem Mezzo eine schwarze Note – und steigt später mit zwei herrlich gesungenen, in jeder Facette ausgeleuchteten Liedern von Aribert Reimann für Alt solo noch tiefer hinab. Eine Menge traut sich Raffaela Lintl. Mit der Felsenarie hat sie sich eines der schwersten Stücke aus Mozarts „Così“ ausgesucht. Was sie technisch bewältigt (wohl auch wegen des langsamen Tempos von Axel Kober am Pult des Orchesters der Deutschen Oper), bezahlt sie mit mangelndem Ausdruck. Wenig ist zu spüren von Fiordiligis trotzigem Zorn und dem schwankenden, eben gerade nicht felsenfesten Grund, auf dem ihre Selbstsicherheit steht.

Die Jury beurteilt die zehn Finalteilnehmer, acht Damen, zwei Herren, auch nach den Leistungen aus den Vorrunden. Den Sieger, Sebastian Wartig, dürften trotzdem nur wenige auf dem Schirm gehabt haben. Der Bariton, ehemaliges Kreuzchor-Mitglied, singt solide und mit stiller Inbrunst, introvertiert. Kein Feuer, eher die glimmende Glut danach. Was, zum Glück, Mäkeln von der Höhe hinab ist. Der Abend ist eine Parade toller Stimmen. Und Daniel Hope absolut beizupflichten, wenn er den Wettbewerb „auch“ eine Castingshow nennt – die aber gerade im direkten Vergleich mit „DSDS“ & Co. klarstellt, wie bestürzend niedrig dort das Niveau ist.

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