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Die historischen Piers künden von den Glanzzeiten des British Empire.

© picture alliance / dpa/Aliki Nassoufis

British Light Music: Soundtrack für die Cocktailstunde

Südlich des Ärmelkanals ist er kaum bekannt - seine charmante Musik ist aber eine Entdeckung wert: Ein Album präsentiert Kompositionen des Briten Eric Coates.

Die Klänge lösen sofort Bilder im Kopf aus: Vor dem inneren Auge steigen die englischen Seebäder zu ihren Glanzzeiten auf, mit ihren Piers und Promenaden, Kurmuscheln und Musikpavillons. Als Eric Coates seine unterhaltsame Musik schrieb, neigte sich das British Empire zwar schon seinem Spätherbst zu, doch in dessen mattgoldenem Glanz dürsteten die Bürger über alle Klassengrenzen hinweg nach Vergnügungen. Und der Komponist, geboren 1886 in der Bergbaustadt Hucknall und aufgewachsen in bescheidenen Verhältnissen, der sich sein Geld lange als Bratscher verdiente, bevor er von seinen Partituren leben konnte, er befriedigte diese Bedürfnisse.

Südlich des Ärmelkanals ist sein Name kaum bekannt. In Großbritannien aber wurde Eric Coates endgültig zur nationalen Figur, als die BBC 1933 den „Knightsbridge March“ aus seiner „London Suite“ zur Erkennungsmelodie von „In Town Tonight“ machte. Die Radioshow lief jeden Samstagabend, 27 Jahre lang. Und Coates’ optimistische Musik wurde Teil des kollektiven Gedächtnisses.

Diese Musik sprüht vor Tatkraft

Für die Reihe „British Light Music“ des Labels Naxos hat der Dirigent Adrian Leaper jetzt einen Querschnitt durch das Oeuvre des 1957 verstorbenen Meisters des gehobenen Entertainments eingespielt, mit dem Slowakischen Rundfunksinfonieorchester. „The Merrymakers“, eine „Miniature Ouverture“ von 1923, eröffnet das Album – und macht sofort klar, wo Eric Coates’ Stärken liegen: Er kann gute Laune in Töne bannen, seine Musik hat Weltläufigkeit, wird von Sonne durchflutet.

Das Schmissige, Flotte liegt ihm besonders, seine Werke sprühen vor energischer Tatkraft. Häufig verwendet er Marschrhythmen, doch die Stücke wirken nie martialisch, schreiten vielmehr leichtfüßig voran, wie für Revuetänzerinnen gemacht. Ebenso kann er bezaubernde, duftige Walzer schreiben.

Alles ist mit Liebe zum Detail gemacht

Menschen, denen Jazz zu modern und Schlager zu profan waren, machten Eric Coates zum kommerziell erfolgreichsten aller zeitgenössischen britischen Komponisten. Denn er war ein handwerklich skrupulöser Tonsetzer, kein reiner Melodienerfinder. Was er komponierte, ist – bei aller Leichtigkeit – stets genuin sinfonische Musik. Seine Orchesterfantasien – auf dem Album finden sich „The Selfish Giant“ nach Oscar Wilde und „Cinderella“ – sind vielleicht nicht so raffiniert wie Tondichtungen von Richard Strauss, aber sie sind mit Liebe zum Detail gearbeitet.

Auf seinem Coates-Album von 2019 lässt der Dirigent John Wilson das BBC Philharmonic Orchestra geschmeidiger klingen, als es Adrian Leaper jetzt mit den slowakischen Musiker:innen gelingt. Auch leuchtet Wilson – ein Spezialist für den Hollywoodsound der goldenen MGM-Ära – die Stücke akustisch eleganter aus. Doch das Handfeste, manchmal recht Rustikale der Interpretationen von Adrian Leaper entspricht vielleicht sogar noch noch mehr Coates’ Musik. Denn sie wollte ja immer populär sein, in ihrer Wirkung nicht allein auf den Konzertsaal beschränkt, sondern eben auch gut spielbar für die Kapellen in den Seebädern an der englischen Küste.

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