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Viererbande. Sänger Kele Okereke (rechts) hat seine Band vermisst - und sie ihn.

© Promo

Brit Pop: Ziemlich beste Freunde

Nach Soloprojekten und Trennunggerüchten bringt die Brit-Pop-Band Bloc Party ihr Album „Four“ heraus. Es ist sehr rockig geraten und macht Schluss mit den elektronischen Experimenten der Vergangenheit.

Es gibt sie dann doch wieder, diese ein bis drei nervösen Songs, die noch einmal an die große Zeit erinnern, als vor acht Jahren die beste Popmusik aus Großbritannien kam. Atemlose Staccato-Gitarren prägten sie, wild und schnell und streng gescheitelt, aus denen die Unrast einer mit allen Wassern gewaschenen, aber doch auch orientierungslosen Jugend sprach. Sie wollte in Clubs und Discos wieder Rockmusik hören, die kurze Ekstase erleben, und dann zur Bar und das nächste Bier trinken.

Man hört die Anklänge daran auf dem neuen Album der Brit-Pop-Sonderlinge Bloc Party. Aber eigentlich geht es darum ja gar nicht mehr. Was vom New Wave aus den Achtzigern ins neue Jahrtausend hinübergerettet werden musste, ist nun gut verpackt in den Werkkatalogen von Franz Ferdinand, Arctic Monkeys und Maxïmo Park konserviert. Da kann es bleiben, das ist erledigt. Und Bloc Party, der sie einst alle überstrahlenden Londoner Band, genügte das Modell Gitarrenrock ohnehin sehr bald nicht mehr, nachdem sie 2005 mit ihrem Albumdebüt „Silent Alarm“ in den Brit-Pop-Hype geplatzt war. Keine andere Gruppe wurde dadurch aber auch so sehr zum Problem für sich selbst.

Das fing schon mit der ersten Platte an. Sänger Kele Okereke fühlte sich missverstanden. Er, der Schwarze, der R ’n’ B-Fan, fand, dass sich Bands als Konzept überholt hätten, Rockbands allemal, die den Stachel des Punk in sich tragen, und dass elektronische Sounds seiner Fantasie keine Grenzen setzen würden. Das degradierte seine Mitstreiter zu Nebenfiguren eines eklektischen Experiments. Die Bloc Party von „A Weekend In The City“? Klar, beeindruckend mutig. Aber warum so viel Aufwand?

Auf der dritten Platte wurde Schlagzeuger Matt Tong, ein Meister seines Fachs, fast ganz durch synthetische Beats ersetzt. Und auch der schweigsame Schulfreund Okerekes, Gitarrist Russel Lissack, ging in den immer ambitionierteren Klanggemälden von „Intimacy“ (2008) unter. Heute tut Okereke das schrecklich leid. Er habe das Neue gewollt, sagt er in Interviews, „habe alles versucht, um Rockmusik aus ihrem Käfig zu holen“. Die Band war danach am Ende, erschöpft vom Tempo des Neuen.

„Four“ heißt nun das heute erscheinende Album, das Bloc Party selbst als Comeback empfinden. Seinen Namen hat es nicht nur bekommen, weil es das vierte ist, sondern weil es die Idee einer Gang of Four nach einer mehrjährigen Zwangspause wiederbelebt. Elektronik sollte nicht sein in dem New Yorker Studio, in dem sie sich bei ersten Sessions allein auf sich, ihre Instrumente und aufgedrehte Lautstärkeregler verließen. Aber interessiert das irgendwen? Steht es für etwas?

Es gibt da in dem Song „Real Talk“ einen Moment, der deutlich macht, wozu die Band imstande ist. „Can we get real for a moment“, fragt Okereke „you’re my one and only friend“. Jedes Wort spuckt er in die Lücken, die ihm der stolpernde Rhythmus lässt. Zuerst ist da keineswegs das Vertrauen auf Freundschaft spürbar, sondern nur die verkrampften Zuckungen der Vorsicht. Erst als sich die Kopfstimme des Sängers zu dem Satz aufschwingt, dass sein Geist jetzt frei sei und man über seinen Körper verfügen dürfe, ist eine Zärtlichkeit da, an die auch ein großes Versprechen geknüpft ist: Diese Musik wird dich nicht im Stich lassen.

Und es stimmt. Obwohl sie einem vieles zumutet. Ob es nun die grob verzerrten Metal-Riffs von „Kettling“ sind, in denen sich die Krawalle von vor einem Jahr wiederfinden, oder die aluminiumhellen Plärr-Gitarren von „Truth“, ob die melancholische Hymnik von „The Healing“ oder schließlich das anstrengende Geschrei in „3x3“, es gibt keinen Song, der hinter seinen Möglichkeiten bleibt. Und jeder will woanders hin.

Bloc Party: "Four" erscheint bei Frenchkiss/Cooperative

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