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Melancholiker am DJ-Pult. Der Musiker Bonobo und Band im Velodrom.

© Markus Werner/ Velomax

Bonobo live in Berlin: Rave statt Rotwein

Der DJ und Produzent Bonobo steht für geschmackssichere Downtempo-Sounds. Beim Konzert im Velodrom wird der Klangmagier allerdings zum Zampano.

Es gibt diese Bands, die eine neue Identität bekommen, wenn sie vom Studio auf die Bühne wechseln. Bei Led Zeppelin war das so, bei Grateful Dead oder den Beatles. In den besten Fällen wird eine großartige Studioband live zu einer noch besseren Band. Im schlechteren Fall wird sie bloß lauter, so im Fall des englischen Produzenten und DJs Bonobo. Beheimatet beim Ninja-Tune-Label, ist Bonobo eigentlich ein Garant für geschmackssichere Downtempo-Sounds, bestehend aus einer Melange von Jazz, Hip-Hop, Electro und Weltmusik.

Wer am Samstagabend im ausverkauften Velodrom ein gediegenes Konzert für introvertierte Schöngeister erwartet hat, wurde enttäuscht. Bei Bonobo stehen zwar insgesamt sieben Musiker an Schlagzeug, Gitarren, Saxophon, Flöte und Trompete auf der Bühne, aber davon kommt nicht viel durch. Die Elektronik erschlägt alles. Das könnte am unausgewogenen Sound des Velodroms liegen. Es ist durchaus schön, wie Bonobo elektronische und akustische Instrumente live zu kombinieren versucht. Aber wenn das Querflötensolo bei „We Could Forever“ aufgrund der dröhnenden Bässe kaum zu hören ist, nutzt das wenig. Die DNA von Bonobo, der bürgerlich Simon Green heißt und 1976 in Leeds geboren wurde, war immer elektronisch. Seine Kunst bestand jedoch darin, den Hörern stets das Gefühl zu geben, analoge, live eingespielte Songs zu hören. Nun ist es plötzlich umgekehrt. Zudem droht das, was im Studio angenehm relaxt daherkommt, in Belanglosigkeit zu kippen, so wie die mit billigen Computereffekten versehenen, im Hintergrund projizierten Kamerafahrten über blaue Wüstenlandschaften.

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Ein Großteil des Publikums stört sich daran nicht. Es wird getanzt, gejubelt, viele Pärchen sind anwesend. Eine Minderheit steht oder sitzt unentschlossen am Rand und scheint darauf zu warten, dass es beim nächsten Song anders wird. Doch Simon Green will bewusst ein Clubpublikum ansprechen. Auf der Bühne wird er vom Klangmagier zum Zampano, der seine Zuhörer lieber zum Raven statt zum Rotweintrinken animieren will. Dass diese Musik, die auf Alben wie „Black Sands“ durch unaufdringliche Eleganz überzeugt, plötzlich versucht, ihre Hörer zu überwältigen, ist irritierend. Wo bleibt der Jazz? Die Melancholie? Die Atmosphäre? Alles, was Bonobo sonst auszeichnet, geht an diesem Abend zu Lasten der Tanzbarkeit drauf.

Dennoch zaubert Green häufig betörende Samples herbei, kreiert er ungewöhnliche Sounds. Gelegentlich, nur leider zu selten, blitzt auch der Studio-Bonobo auf: leise, melancholisch, ausdifferenziert. Die zurückgenommenen Songs mit den hörbaren Bläsern sind die besten.

Partystimmung. Das Ufo im Velodrom.
Partystimmung. Das Ufo im Velodrom.

© Markus Werner/ Velomax

Vielleicht muss man sich mit den zwei Identitäten von Bonobo einfach arrangieren und sich diejenige auswählen, mit der man befreundet sein möchte. Viele Berliner entlässt Simon Green am Samstagabend sicher mit Lust auf den nächsten Clubbesuch in die Nacht; alle anderen fahren nach Hause, legen „Black Sands“ auf und fragen sich verwundert, wo sie gerade gewesen sind.

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