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Kultur: Blind Date

Das English Theatre lädt zu einem iranischen Dialog.

Der Performer ist ahnungslos. Es gab keine Proben, keinen Regisseur. Das Stück, das auf dem Programm steht, wird dem Mann im verschlossenen Umschlag auf der Bühne überreicht. Er muss ins kalte Wasser springen. Und das Publikum mit ihm. Der Text „White Rabbit, Red Rabbit“ des iranischen Autors Nassim Soleimanpour ist keine fertige Vorlage, vielmehr eine Spielanleitung. Ausgang offen. Seit der Entstehung 2011 haben Schauspieler in 30 Ländern das Kuvert aufgerissen und zu lesen begonnen.

Im English Theatre Berlin ist es der in Tel Aviv geborene Schauspieler und Dramaturg Ariel Nil Levy. Die kommenden Vorstellungen werden von anderen Solisten bestritten. Klar, der Überraschungseffekt muss gewahrt bleiben. Weshalb man über den Verlauf des interaktiven Abends auch nicht zu viel verraten darf. Aber die Entstehungsgeschichte dieses Theaterexperiments ist vielsagend: Soleimanpour durfte aus Iran nicht ausreisen, weil er den Wehrdienst verweigert hatte. Und suchte einen Weg, sich dennoch der Welt mitzuteilen. Mit dem jeweiligen Performer seines Stücks als unbekanntem Sprachrohr und Dialogpartner. „Wirst du mich in Iran besuchen?“, fragt der Autor an einer Stelle. Für den Israeli Levy, der seine Sache großartig macht, wohl eher unwahrscheinlich. „White Rabbit, Red Rabbit“ funktioniert als reizvolles Spiel mit Ab- und Anwesenheit. Nassim Soleimanpour, wo immer er sich aufhält, lässt live per E-Mail grüßen (wieder am 26. und 31. 10., und am 1. 11.). Patrick Wildermann

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