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Trost für einen Moment. Susan Sarandon und Sam Neill spielen das Ehepaar.

© Screen Media Films

„Blackbird“ mit Susan Sarandon: Ein ganz normales Wochenende mit der todkranken Mutter

Das starbesetzte Drama „Blackbird“ erzählt vom Umgang einer Familie mit Sterbehilfe. Dabei sprengt es auch moralische Konventionen.

Die Mutter stirbt und alle sind fröhlich. Sie tun jedenfalls so, es soll ein ganz normales Wochenende werden im Landhaus der Eltern am Meer, mit Abendessen, Zeitungslektüre und Strandspaziergängen.

Alles wie immer, nur dass Lily (Susan Sarandon) die Nervenkrankheit ALS hat. Sie wird sich nach diesem letzten Beisammensein im Familienkreis das Leben nehmen, mit Hilfe ihres Ehemanns, der praktischerweise Arzt ist.

„Hey, kommt mal runter zum Frühstück, ich bin bald tot“, ruft Lily, als es ihr am Sonntagmorgen zu lange dauert. Man wünschte sich mehr solcher Dialogsätze, die das Unbegreifliche eines solchen Familientreffens aus Anlass des Sterbens aufblitzen lassen.

Aber „Blackbird – Eine Familiengeschichte“ ist ein gediegener Film, unter Regie von Roger Mitchell („Notting Hill“), mit Schöner-Wohnen-Interieurs, stimmungsvollem Soundtrack (samt Bachs Goldberg-Variationen), Hollywoodcast und bei Kino-Familienfesten üblichen Enthüllung der heiteren wie der psychodramatischen Art.

Eigentlich ärgert es einen, dieses blitzsaubere Drehbuch von Christian Torpe, der schon das Script für das dänische Original von Bille August geschrieben hat. Versammelt es doch lauter sterile, eindimensionale Figuren und erlaubt selbst beim gemeinsamen Kochen in der Designerküche nicht den geringsten Schmutzfleck.

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Als erstes reist Jennifer an, die biedere ältere Tochter (Kate Winslet, etwas krampfig mit Hornbrille): Typ Kontrollfreak mit pubertätsbedingt verschlossenem Sohn und Langweiler-Ehemann, der unlustige Fun Facts zum Besten gibt.

Mit Verspätung folgt die jüngere Tochter Anna (Mia Wasikowska), Dramaqueen mit non-binärer Teilzeitpartnerin Chris (Bex Taylor-Klaus). Schnell fliegen die Fetzen unter den holzschnittartig konträr gezeichneten Schwestern. Bis Lily beschließt, dass heute Weihnachten gefeiert wird, so richtig mit Tannenbaum, Geschenken und Festschmaus. Ist zwar erst Herbst, aber was soll’s.

Ein Film, der Susan Sarandon und die übrigen herausragenden Darstellerinnen (einschließlich Lindsay Duncan als cooler Uralt-Familienfreundin) leider kaum fordert und der einen doch seltsam anfasst – wegen der Sache mit dem Tod.

Es gibt einige mutige Szenen

Zwar bleibt auch die Krankheit recht ansehnlich, eine verkrümmte Hand, ein fallendes Weinglas, die Mühsal des Treppensteigens: kein Anblick, der wirklich schmerzt.

Aber Sterbehilfe, Suizid auf Verlangen ist eine Straftat, jedenfalls in Connecticut, wo das Haus steht (wobei nicht in New England gedreht wurde, sondern im Süden Englands).

Ein Hollywoodfilm, in dem ein unentwegt tiefenentspannter Sam Neill als Ehemann Paul seelenruhig das Euthanasie-Prozedere erläutert, wird da durchaus kühn.

Gemeinsames Kiffen einschließlich minderjährigem Enkel? Geschenkt. Mutiger sind Szenen wie die beiläufige Entdeckung des Päckchens mit dem tödlichen Medikament.

Oder der Moment, wenn die sonst immer hübsch ausbalancierte Dramaturgie beim Streit der Schwestern über das Recht der Mutter auf den Freitod diskret die Partei von Lily ergreift.

„Blackbird“ sprengt die Konventionen der Moral

Die Bilder mögen konfektioniert sein, „Blackbird“ sprengt die Konventionen der Moral. Beim letzten (freilich geschönten) Akt blendet die Kamera nicht weg.

Dem sich zuspitzenden Generationenkonflikt zeigen sich Regie und Drehbuch allerdings nicht gewachsen. Da sind auf der einen Seite die Selbstkasteiung der einen Tochter und die Verzweiflung der anderen, die nicht will, dass Mama geht, nach dem Motto: Ich brauch dich noch.

Und da ist auf der anderen Seite die Ignoranz der Mutter, die die Nöte ihrer Töchter nie bemerkte. Lassen sich solche Egoismen und Versäumnisse im Angesicht des Todes mal eben verzeihen? Die Versöhnung schmeckt schal.

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