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Umfangreicher Vorlass an der University of California. Der Dichter und Umweltaktivist Gary Snyder-

© UC Davs Library

Biografie: Der kalifornische Schamane

Zwischen Anarchismus und Zen: Martin Spenger porträtiert den amerikanischen Dichter Gary Snyder als Umweltaktivisten.

Von Gregor Dotzauer

Das Etikett von der Beat Generation wird er wohl nicht mehr los. Die Handvoll amerikanischer Schriftsteller, zu der es gehört, erschien schon Gary Snyder selbst zu klein, als dass er sich, Allen Ginsberg oder William S. Burroughs zu einer Bewegung hätte rechnen wollen. Seine Gedichte und Essays waren überdies fern jener rauschhaften Spontaneität, die das Schreiben von Jack Kerouac, des Vierten im Bunde, befeuerte.

Dennoch zehrt sein Ruhm noch immer beträchtlich von Kerouacs „Dharma Bums“ (auf Deutsch „Gammler, Zen und hohe Berge“), einem Roman, in dem Kerouac Snyder als fröhlich abgeklärten buddhistischen Weisen namens Japhy Ryder porträtiert. Der Münchner Umwelthistoriker Martin Spenger hat der rund um Gary Snyders spirituelles nature writing wuchernden Sekundärliteratur nun die weltweit erste Biografie des 1930 in San Francisco geborenen Dichters hinzugefügt.

Was er als Dissertation am Rachel Carson Center for Environment and Society der Ludwig-Maximilians-Universität einreichte, hat allerdings das Zeug, ein breiteres Publikum anzusprechen. „Green Beat“ – auch Spenger konnte sich die Anspielung nicht verkneifen – präsentiert Snyder als Aktivisten einer interdisziplinären Tiefenökologie, des Bioregionalismus und des „Panhumanismus“ – einer Wissenschaft vom Leben, die das Nichtmenschliche einbezieht.

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In drei materialreichen Abschnitten geht es um Snyders früh erwachte Naturleidenschaft, seine Sonderrolle innerhalb der kalifornischen Gegenkultur, sein Studium der japanischen und chinesischen Kultur, die sich vor allem in der Lyrik niederschlägt, und den langen Weg zu seinem Essayband „The Practice of the Wild“ (bei Matthes & Seitz als „Lektionen der Wildnis“).

Spenger weist nach, wie viel Snyder dem Philosophen John Muir verdankt, dem kalifornischen Dichter Robinson Jeffers und Ishi, dem letzten Überlebenden der indigenen Yahi.

Das leise Ungenügen an diesem selbsterklärten Beitrag zum „Greening of the Humanities“ (Jay Parini), dem Ergrünen der Geisteswissenschaften, rührt daher, dass er dazu neigt, Snyders Synthese von Poesie und Politik wieder in ihre Bestandteile zu zerlegen. Spenger muss den Stellenwert der Lyrik nicht literarisch bewerten. Für ihre Aktualität kommt es allerdings darauf an, sie nicht als Mittel zum Zweck misszuverstehen. Ungeklärt bleibt auch der Vorwurf der Aneignung indigener Kulturen, den Geary Hobson, ein Cherokee, einst gegen den „weißen Schamanismus“ von „Turtle Island“ erhob.

Diese Biografie atmet bei aller Gründlichkeit nur bedingt den Geist von Snyders Welt. Ein Beispiel ist, dass sie Alan Watts, der Snyder bei dem zivilisationskritischen Manifest „Four Changes“ half, schlicht als Beat-Autor apostrophiert: Der englische Religionsphilosoph war einer der prominentesten westlichen Zen-Vermittler.

Martin Spenger: Green Beat. Gary Snyder und die amerikanische Umweltbewegung. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2020. 239 Seiten, 60 €. (E-Book 49,99 €).

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