Bilderbuch: Lob der Zeitung

Seit mehr als 300 Jahren gibt es Zeitungen, treue Begleiter unseres täglichen Lebens. Doch nun scheint es, als sei ihre Zeit an ein Ende gekommen. Wer liest in der U-Bahn noch Zeitung? Immer mehr Menschen beschäftigen sich mit ihren Smartphones, tippen hinein oder wischen einfach nur drüber. Doch wie sieht das Leben aus der Sicht einer Zeitung aus? José Sanabria und María Laura Díaz Domínguez lassen in ihrem bezaubernden Bilderbuch „Ein Blatt im Wind“ eine Ausgabe von „El Barco“ erzählen.

Alle Zeitungen, die am Kiosk liegen, sind aufgeregt. Wo werden sie bald ein neues Zuhause finden, wer wird sie lesen? Nur die letzte Ausgabe bleibt liegen, bis der Wind sie fortweht.

Das Autorenduo zeigt, was man mit einer Zeitung noch alles machen kann: Feuer anzünden zum Beispiel, Fenster putzen, Papierhut oder Schiffchen falten, den Vogelkäfig auslegen. „Ich lernte die Liebe kennen. Und den Schmerz“, erzählt die Zeitung. Schließlich landet sie bei einem betrübten Mann, der sie konzentriert studiert und nicht nur zweckentfremdet. „Der Mann las eine Nachricht, auf die er schon lange gewartet hatte“, und leicht und beschwingt schwebt er gleichsam davon.

Die Zeitung weiß nicht, was ihn so glücklich gemacht hat. „Aber ich wusste, wozu ich auf die Welt gekommen war.“ Welch eine Hommage an das gedruckte Wort! José Sanabria hat es in schönen Gouachen in Szene gesetzt, die Zeitungsseiten sind gedruckte Buchstabencollagen, von den Leuten mit Inbrunst gelesen. Das waren noch Zeiten.

José Sanabria und María Laura Díaz Domínguez: Ein Blatt im Wind“. Illustrationen: José Sanabria. Übersetzung: Gabriela Stöckli. Nord Süd Verlag, Zürich 2018. 48 Seiten. 16 €. Ab fünf Jahren.

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