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Will beispielhaft handeln. Kultursenator Klaus Lederer.

© Jörg Carstensen/dpa

Berlins Kultursenator Lederer: "Kultur ist kein Standortfaktor"

So viele Baustellen: Kultursenator Klaus Lederer spricht im Radialsystem über „Kultur als Querschnittsdisziplin in der politischen Landschaft Berlins“.

Wann hat man zuletzt solch linke Töne aus der Berliner Kulturverwaltung vernommen? Von „Inwertsetzung des Stadtraums“ ist die Rede, von „Landnahme der Stadt zu ökonomischen Zwecken“ oder dem Schreckbild neoliberaler Megacitys, an deren Rand „diejenigen ihr Dasein fristen, die unnütz sind für die Verwertung“? Undenkbar, dass Ex-Kulturstaatssekretär André Schmitz mit seinem großbürgerlichen Habitus oder sein hipper, nach zwei Jahren abservierter Nachfolger Tim Renner so gesprochen hätten. Klaus Lederer (Linke) tut es – am Sonntagnachmittag auf einer Podiumsdiskussion im Radialsystem zum Thema „Kultur als Querschnittsdisziplin in der politischen Landschaft Berlins“ im Rahmen der Stiftungswoche. Eingeladen hat die Stiftung Zukunft Berlin, die eben jenen Querschnittscharakter der Berliner Kultur in einer eigenen Studie ausgemacht haben will.

Fünf fragen, einer antwortet: Moderiert von Andreas Richter sitzen unter anderem Stadtraumkünstlerin Eva Hertzsch und Christophe Knoche, Sprecher der Koalition der Freien Szene, auf dem Podium. Für Lederer ist es eine Gelegenheit, seine Politik nach 100 Tagen im Amt genauer zu erläutern.

Wie war das mit dem kulturpolitischen Neustart, den er im Tagesspiegel gefordert hatte, kurz bevor er tatsächlich Kultursenator wurde? Da wird er sehr detailliert und kleinteilig, geht auf die Bezirksebene, spricht über soziale Mindeststandards und die Berliner Musikschulen, wo „hoffentlich“ bis Ende des Jahres 20 Prozent der Lehrkräfte in Festanstellung sein werden. Abgrenzen will er sich vor allem von der Wirtschaftsförderung: „Kultur ist kein Standortfaktor“. Die Aufgabe seiner Verwaltung sieht er in keinster Weise darin, die Kreativwirtschaft zu unterstützen. Sondern das Grundniveau für nichtkommerzielle Kunst bereitzustellen. Ein Credo, das in dem Satz gerinnt: „Wie kann man verhindern, dass Künstler so schnell wie möglich an den Markt streben, damit sie überhaupt Künstler bleiben können?“

Geld vom Bund für Berlins Kultur: hochwillkommen, aber auch problematisch

Da spielt natürlich der Bund mit rein, der Big Player in Berlin. Ob die Stadt ihm nicht zu oft das Feld überlässt, will Knoche wissen – wie gerade erst wieder beim Einstieg in die Philharmoniker-Finanzierung oder beim geplanten „House of Jazz“ in der Alten Münze, das Lederer in der von Trompeter Till Brönner geplanten Form ablehnt. „Wir sind alles andere als hochnäsig“, sagt er. Die Förderung sei natürlich hochwillkommen, aber problematisch, wenn sie in diesem Maße an Nutzungsbedingungen geknüpft sei. Wenn der Bund eine Haltung an den Tag lege nach dem Motto „Hier gibt’s Geld, ihr macht das jetzt so“, dann sei das wenig hilfreich. „Wir wollen produktiv einbezogen werden, nicht erst, wenn alle Messen gesungen sind.“ Konkret beim „House of Jazz“ favorisiert Lederer eine Entwicklung von unten, unter Einbeziehung aller Beteiligter. Till Brönner nennt er nicht direkt.

Kommunikation ist alles. Was also ist mit der „Querschnittsfunktion“ von Kultur, wegen der beachtlich viele Besucher ins Radialsystem gekommen sind? Mit Kultur als „Ferment“ Berlins, wie es der Stiftungsvorsitzende Volker Hassemer einleitend formuliert hat? Der Eindruck: Da sitzt ein junger, sehr eloquenter Kultursenator, der mit allen reden will, gleichzeitig damit beschäftigt ist, ein völlig neues Ministerium aufzubauen, sich abzunabeln von der Senatskanzlei, wo die Kulturverwaltung angesiedelt war. Ob nicht die Gefahr von Verzettelung und Überforderung besteht, will Andreas Richter wissen. „Die Zahl der Baustellen ist riesig“, sagt Lederer. Und jedes Problem in den kommenden fünf Jahren einzeln zu adressieren „nicht leistbar“. Deshalb will er bestimmte Themen als „Beispiel“ für andere angehen. Eines von ihnen ist das „House of Jazz“.

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