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Inneres Leuchten. Eva-Maria Westbroek singt Sieglinde.

© Fadil Berisha

Berliner Philharmoniker spielen Wagner: Wer Wunder wirken will

Zarte Trauermusik, die mit einem Schimmer der Zuversicht endet. Simon Rattle und die Berliner Philharmoniker mit einem bewegenden Wagnerabend.

Eigentlich sind die Berliner Philharmoniker ja ganz auf Sinfonisches spezialisiert. Wenn es jedoch eine Oper gibt, die in ihrer Geschichte eine wichtige Rolle spielt, dann Richard Wagners „Walküre“. Mit dem Musikdrama startete Herbert von Karajan 1967 die Salzburger Osterfestspiele. Ziel der Gründung war es, den „Ring des Nibelungen“ mustergültig aufzuführen. Ein gewagtes privates Vorhaben, bei dem Karajan gleichzeitig als Dirigent, Regisseur und Geldbeschaffer fungierte – und dem ein so dauerhafter Erfolg beschieden war, dass das Festival 2017 sein 50-jähriges Jubiläum feiern kann. Eine „Re-Kreation“ der legendären „Walküre“ ist dann angekündigt, in den 1967er Bühnenbildern von Günther Schneider-Siemssen.

Im Orchestergraben wird dann aber die Staatskapelle Dresden sitzen, die seit 2013 das österliche Residenzensemble ist, nachdem die Berliner Philharmoniker Richtung Baden-Baden abgewandert waren. Ein Konzert jedoch werden Simon Rattle und die Seinen als Gäste zur Salzburger Jubiläumsfeier beisteuern.

Bewundernswerte Feinfühligkeit der Solisten

Der „Walküre“ haben sich die Philharmoniker auch mit ihrem britischen Chefdirigenten schon intensiv gewidmet, 2005 bei einer Aufführung des 1. Akts mit Placido Domingo in Berlin, 2007 im Rahmen eines szenischen „Rings“ beim Festival im südfranzösischen Aix-en-Provence, zuletzt 2012 in voller Länge konzertant wiederum in Berlin. Nun liegt kurz vor Weihnachten die Partitur erneut auf Rattles Dirigentenpult, und wie bei den drei vorangegangenen Malen steht ihm wieder seine Lieblings-Sieglinde Eva-Maria Westbroek zur Seite.

Den Abend eröffnet allerdings das „Siegfried“-Idyll, von Richard Wagner einst als Geburtstagsständchen für seine Frau Cosima komponiert. Ein poetisch- putziges Poesiealbumspoem des Bayreuther Meisters also, das allerdings nach der Schweigeminute für die Opfer vom Breitscheidplatz eine ganz andere Bedeutung bekommt: Als zarte Trauermusik nämlich, die sich in der zweiten Hälfte spürbar aufhellt, um schließlich mit einem Schimmer der Zuversicht zu enden. Von 13 philharmonischen Solisten mit bewundernswerter Feinfühligkeit vorgetragen, wirkt das unmittelbar berührend.

Eine Autorität, die frösteln lässt

Was nach der Pause passiert, lässt sich mit den Worten beschreiben, die Tagesspiegel-Kritiker Werner Oehlmann 1967 für Karajans „Walküre“ fand: „Kaum jemals dürfte die gewaltige Partitur mit solcher Akribie der thematischen Zeichnung, solcher Fülle des Kolorits, solch scharfer Belichtung der charakteristischen Nuancen musiziert, kaum jemals dürfte das musikalische Drama so entschieden aus symphonischem Geist zelebriert worden sein.“

Wo Opern-Maestri auf hitzige Ruppigkeit setzen, ziseliert Rattle wie ein Goldschmied, bremst im Zweifelsfall lieber das Tempo zugunsten größtmöglicher Detailgenauigkeit, im Instrumentalen wie bei der Textverständlichkeit.

Ein inneres Leuchten erfüllt Eva-Maria Westbroeks Sieglinde, im faszinierend fokussierten Piano ebenso wie in den dramatisch auffahrenden Momenten. Von einer Autorität, die frösteln lässt, ist John Tomlinsons Hunding, während sich Simon O’Neill als Siegmund in grenzenloser Rollenidentifikation verströmt, mit gleißend silbrigem, hörbar auch im italienischen Fach geschulten Tenor – und am Ende fast ein wenig übergriffig seiner Wälsungen- Schwester gegenüber.

Noch einmal an diesem Donnerstag

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