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Francesco Piemontesi beim Applaus in der Philharmonie.

© Stephan Rabold

Berliner Philharmoniker: Im Klassik-Museum

Zwei Debüts bei den Berliner Philharmonikern: Lahav Shani dirigiert Schumanns Frühlingssymphonie, Francesco Piemontesi spielt Mozarts B-Dur Klavierkonzert.

Lahav Shani ist ein Ausnahmetalent. Der 1989 in Tel Aviv geborene Pianist und Dirigent atmet förmlich Musik, mit der Berliner Staatskapelle hat er schon Wunderdinge vollbracht, 2018 berief ihn das Orchester von Rotterdam zum Chef, seit dieser Saison leitet er auch noch das Israel Philharmonic Orchestra. Kein Wunder, dass die Berliner Philharmoniker ihn jetzt auch kennenlernen wollten.

Robert Schumanns Opus 38 hat sich Lahav Shani für dieses wichtige Debüt ausgesucht – und er dirigiert die „Frühlingssymphonie“ am Donnerstag mit allergrößter Selbstverständlichkeit: breiter Pinsel, große Linie, nur nicht an Details aufhalten, Hauptsache, das Energielevel stimmt, alle kennen ja das Stück.

So machen es alte Hasen wie Shanis Mentoren Daniel Barenboim und Zubin Mehta.Nur eben mit dem Unterschied, dass die beiden schon mehrere Jahrzehnte Bühnenerfahrung auf dem Buckel haben.

Routiniert wie ein alter Hase

Alles klingt „richtig“ an Shanis Interpretation, aber eben auch nach Routine. Hat der junge Maestro wirklich keine Fragen an die Partitur? Wer im Ohr hat, wie unglaublich neugierig Francois-Xavier Roth dem Werk in seiner gerade veröffentlichten Aufnahme mit dem Gürzenich-Orchester begegnet, wundert sich. Gerade die Episodenhaftigkeit des dritten Satzes mit seiner emotionalen Schnitttechnik verlangt doch danach, dass der Dirigent Stellung bezieht, die Ergebnisse seiner analytischen Gedanken mit dem Publikum teilt – und nicht nur für einen reibungslosen Ablauf sorgt.

Lahav Shani hat in Berlin schon Wunder vollbracht.
Lahav Shani hat in Berlin schon Wunder vollbracht.

© Marco Borggreve

Provokant rückwärtsgewandt hat der Abend schon mit Mozarts B-Dur Klavierkonzert begonnen: Pastellig und weichgezeichnet ist das Klangbild, das Shaniv von den Philharmonikern verlangt – als hätte es das Ringen um die historische Aufführungspraxis der Rokoko-Rhetorik nie gegeben.

Historisierende Atmosphäre

Immerhin ist er sich in seinem ästhetischen Ansatz mit dem Klaviersolisten einig: So lieblich klingt der Flügel unter Francesco Piemontesis Händen, als stünde er nicht offen, sondern als läge eine burgunderrote Samtdecke darüber. Der Schweizer macht zwar spürbar, was die interessantesten Passagen des Werkes sind, weil Mozart hier vom Erwartbaren abweicht. Doch er schafft durch die konstante Pedal-Grundierung seines Spiel gleichzeitig auch eine historisierende Atmosphäre von Rüschenhemd und Puderperücke. Ein Abend im Klassik-Museum.

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