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Geigerin Janine Jansen musiziert mit den Berliner Philharmonikern.

© Frederike van der Straeten/Berliner Philharmoniker

Berliner Philharmoniker: Glanz und entfesseltes Gefühl

Hinreißendes Virtuosentum und größte Hingabe: Die Geigerin Janine Jansen brilliert in der Philharmonie mit Tschaikowskys Violinkonzert.

Nie war sie besser: Tschaikowskys Violinkonzert ist für Janine Jansen eine fast zwanzigjährige Erfolgsgeschichte, mit vielen Orchestern erprobt und bekräftigt. Auch Paavo Järvi ist ihr darin ein vertrauter Partner. Doch mit ihm am Pult der Berliner Philharmoniker erfindet sich die Geigerin noch einmal neu, angefeuert durch ein Orchester, das sie ebenso diskret auf Händen trägt wie ihr kräftige Impulse gibt.

Ein kleines Wunderwerk an subtilem Nuancenreichtum bereits, wie sie die Einleitungstakte zum sanft intonierten Hauptthema quasi im Flüsterton anheben lässt, eine geheimnisvolle Erzählung. Und doch liegt in intensiven Spitzentönen bereits ein Feuer, das sich später in federnden Rhythmen und mühelos-rasantem Laufwerk entlädt.

Jansens Hingabe übertrifft alle Erwartungen: im sehnenden, noch im zartesten Pianissimo gegen den reichen Orchesterklang vernehmbaren Seitenthema wie in den Farbexplosionen der lupenreinen Flageoletts der Kadenz und erst recht in der immer neue Energien entfesselnden Stretta. Nach dem Kopfsatz brandet Beifall auf.

Die Grundlage solch mitreißenden Virtuosentums heißt Sensibilität, eine flexible, dem melodischen Atem folgende Tempogestaltung, die das Orchester in fulminanten Tutti-Ausbrüchen wieder ins pulsierend rechte Lot bringt. Dem Hexenritts des Finales, aus dem die Funken eines fast leichtfertigen Humors hervorblitzen, ziehen wunderbare Dialoge von Oboe und Klarinette, Flöte und Fagott eine melancholische Schicht ein, neben Jansens manchmal wie gehauchter unendlicher Melodie.

Nicht leicht hat es Schumanns Es-Dur-Sinfonie nach dieser bejubelten Entfesselung von Glanz und Gefühl; doch was zunächst im Kopfsatz massiv-behäbig klingt, enthüllt dann doch seine subtilen Verflechtungen und nachdenklichen Untertöne. Immer hält Järvi auch den großen Apparat transparent, zeigt seinen Klangsinn in feinen Abschattierungen wie in großen Steigerungen. Sehr eindrucksvoll die Moll-Einleitung zum Finale mit prächtigen Hornisten. Auch zu Beginn kehrt Jean Sibelius’ Tondichtung „Tapiola“ die Solistenqualitäten der Berliner Philharmoniker hervor, deren Klangschichten samtig vibrierender Streicherdialoge, flirrender Holzbläserklänge und dämonischen Blechs Järvi im nachwagnerianisch-impressionistischen „Waldweben“ feinsinnig zu koordinieren weiß.

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