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Gustavo Dudamel ist seit 2008 gern gesehener Gastdirigent der Berliner Philharmoniker.

© Stephan Rabold

Berliner Philharmoniker: Ein unvergesslicher Abend

Gustavo Dudamel und den Berliner Philharmonikern gelingt eine denkwürdige Interpretation von Gustav Mahlers "Aufersthehungssinfonie".

Nachdem die Berliner Philharmoniker Platz genommen haben, betreten zwei Männer die Bühne. Der eine ist Gustavo Dudamel, der Dirigent des Abends, der andere Stanley Dodds, Geiger und philharmonischer Medienvorstand. Er erklärt, dass dieses Konzert den Betroffenen der russischen Angriffe auf die Ukraine gewidmet ist – worauf der ausverkaufte Saal mit prasselndem Applaus reagiert – und bittet um eine Schweigeminute. Anschließend zeigen Dudamel und das Orchester auf die beglückendste Weise, wie das konstruktive Miteinander unterschiedlichster Menschen funktionieren kann. Wenn sie ein gemeinsames Ziel haben. In diesem Fall die 2. Sinfonie von Gustav Mahler, uraufgeführt 1895 durch die Berliner Philharmoniker.

An diesem Freitag wird die gigantische Partitur aber nicht vorgeführt oder dargeboten, nein, sie ereignet sich.

Seit dem Berlin-Debüt des Venezolaners 2008, mit 27 Jahren, sind Gustavo Dudamel und die Philharmoniker echte Freunde geworden. Dass sie im gegenseitigen Vertrauen musizieren, wird vom ersten Takt an spürbar. So konzentriert das Zusammenspiel auch ist, mit dem, was man gemeinhin Arbeit nennt, hat das nichts zu tun: Hier wird gespielt, im nobelsten Wortsinn, hier entwickelt sich das Klanggeschehen ganz organisch, aus dem gemeinsamen Atem heraus, aus dem Geist der Gruppe.

Rhetorisch überwältigend entfaltet sich das Klanggeschehen

Mahler reißt in seiner „Auferstehungssinfonie“ die größten Fragen des Menschseins an, entwirft über 90 Minuten ein Weltpanorama, von der intimen Wiener Idylle bis hin zur Apokalypse – und dem Leben danach. Er ruft zwei Solistinnen auf, am Freitag sind es Nadine Serra und Okka von der Damerau, legt ihnen wie auch dem Rundfunkchor Berlin Verse von Klopstock in den Mund.

Doch am wortmächtigsten ist seine Orchestersprache. Vor allem, wenn sie sich rhetorisch so überwältigend entfaltet wie hier: in den soghaften Steigerungen, deren Kraft aus dem Innern des Kollektivs geboren wird, in den schroffen emotionalen Brüchen und archaischen Lautstärke-Kontrasten, in den zarten Passagen, die dennoch stets unter Spannung stehen, im katastrophischen Krach des Tutti-Tumults. Dankbarer Jubel.

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