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Ginge es nach den Künstlern, dürften sich die Säle wieder mehr füllen. Hier die Berliner Philharmonie vor Corona.

© dpa

Berliner Kultur und Corona: Lederer will Mindestabstand reduzieren

Im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses kündigt der Senator Lockerungen an. Und die Akteure der hauptstädtischen Szene dürfen ihre Sorgen darlegen.

Wahrscheinlich schon ab 15. September wird der Mindestabstand in den Berliner Theatern, Opern und Konzerthäusern von 1,5 Meter auf einen Meter reduziert werden können. Das hat Kultursenator Klaus Lederer (Linke) am Montag im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses erklärt.

Nachdem in den Kinos gute Erfahrungen mit dem verringerten Abstandsgebot gemacht wurden, arbeite seine Verwaltung gerade an einer Neufassung des Hygienerahmenplans, der dann mit den Gesundheitsverwaltung abgestimmt werden solle.

Damit will Lederer den Weg frei machen für das so genannte Schachbrett-Prinzip bei der Belegung der Sitzplätze in geschlossenen Räumen. Nach dem Vorbild der Salzburger Festspiele wäre damit deutlich mehr Publikum möglich als derzeit erlaubt. Voraussetzung für die Lockerung sei aber, dass der Veranstaltungsort über eine Klimaanlage verfügt, die zu 100 Prozent Frischluft zuführt, und dass die Zuschauerinnen und Zuschauer auch während der Vorstellung durchgängig den Mund-Nasen-Schutz tragen.

Von den meisten Kulturmanagerinnen und Kulturmanagern, die der Ausschuss zur Anhörung eingeladen hatte, wurde die Ankündigung Lederers begrüßt. Er wolle „den Weg des vorsichtigen Ermöglichens weiter gehen“ betonte der Senator und sprach mit Blick auf die begonnene Spielzeit der Bühnen zugleich von den „Herausforderungen der Langstrecke“.

Die Obergrenze für Publikum in geschlossenen Räumen liegt auch nach der in Aussicht gestellten Anpassung des Hygienerahmenplans bis zum Jahresende bei 1000 Personen pro Saal, wie es die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten bis zum Jahresende beschlossen haben. Das macht es für viele privatwirtschaftliche Veranstalter weiterhin unmöglich, Aufführungen anzubieten, die sich für sie finanziell rentieren.

Schwenkow prophezeite „Tausende von Insolvenzen“

Peter Schwenkow von der DEAG machte klar, dass die Kulturwirtschaft kurz vor dem Kollaps stehe, weil der Staat die auf Gewinn angewiesenen Unternehmer de facto mit einem „Berufsverbot“ belegt habe. Er prophezeite „Tausende von Insolvenzen“, wenn nicht schnell weitere „Notprogramme“ für die Betroffenen auf den Weg gebracht würden. Allein für Berlin wären in diesem Jahr 70 bis 80 Millionen Euro nötig, um die Kreativwirtschaft zu retten, von der 250.000 Arbeitsplätze in der Hauptstadt abhingen.

Berndt Schmidt vom Friedrichstadtpalast mahnte an, mittelfristig müsse die Auslastung der Säle auf drei Viertel der Platzkapazitäten steigen. Zudem solle der Senat zwischen kleinen Räumen mit niedriger Decke und großen, hohen Hallen differenzieren: Ein Rahmenplan, der für alle gelte, gehe an der Realität vorbei.

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Keine existenziellen Ängste treiben die staatlich subventionierten Kulturinstitutionen um. Der Intendant des Deutschen Theaters, Ulrich Khuon, warnte vor Alleingängen einzelner Häuser und machte klar, dass man den schweren Weg gemeinsam gehen müsse. Bezüglich der Maskenpflicht während der Aufführung aber meldete er Zweifel an. Das sei eine hohe Hürde für das ohnehin verunsicherte Publikum.

Andrea Zietzschmann, die Intendantin der Berliner Philharmoniker, schließlich wies darauf hin, dass die Abstandsregeln auf der Bühne die Kunstausübung massiv einschränkten. Was auch daran läge, dass sich die Unfallkassen maximal absichern wollten: „Hier brauchen wir Hilfe von der Politik.“

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