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Das Freiluftkino am Kulturforum ist eine der Spielstätten bei der diesjährigen Berlinale.

© Paul Zinken/dpa

Berlinale und Cannes-Festival: Beste Werbung für das Kino

Mit der Berlinale und dem Cannes-Filmfestival kehrt auch die Hoffnung zurück. Wir dürfen das Kino noch nicht abschreiben.

Von Andreas Busche

Das alte Branchengesetz „Nach der Berlinale ist vor Cannes“ hat auch im zweiten Pandemiejahr bestand; nur sind durch Terminverschiebungen die beiden Festivals 2021 noch enger zusammengerückt. Die Sommer-Berlinale, mit der sich das Kino nach dem Branchen-Event im März tatsächlich wieder physisch im Kulturleben zurückmeldet, endet am 20. Juni, am 6. Juli beginnt bereits das Festival in Cannes mit einem spektakulären Programm.

Doch die Bedingungen könnten kaum unterschiedlicher sein: Die Berlinale wird mit reduzierten Platzkapazitäten an die frische Luft verlegt, Cannes- Chef Thierry Frémaux plant sein Festival mit 100-prozentiger Auslastung der Kinosäle. Aber das Signal hat in Deutschland wie in Frankreich eine ähnliche Wirkung. „Das Kino ist nicht tot“, erklärte Frémaux auf der Cannes-Pressekonferenz am Donnerstag.

Das zeigt wohl auch aktuell der Ansturm auf die 60 000 Berlinale-Karten. Im vergangenen Sommer reagierte das Publikum noch verhalten auf die Rückkehr der Kinos nach dem ersten Lockdown: Maskenpflicht in den Sälen und wöchentlich neue Aerosolstudien hatten die Lust aufs Kino gründlich vermiest. Die Branche befürchtete schon das Ende der Kinokultur, befeuert durch die Initiativen der Streamingdienste und der Studios selbst, die sich auf die Zeit nach dem Kino mit dem Start eigener Plattformen vorbereiteten.

In diesem Sommer ist die Stimmung deutlich optimistischer, selbst die deutsche Filmwirtschaft hat leichte Entwarnung gegeben: Im Krisenjahr 2020 mussten nur sechs Kinos schließen; aktuell scheint es, dass alle Kinos nach dem „Neustart Kultur“ den Betrieb wiederaufnehmen.

Die deutschen Kinos hoffen auf Hollywood

In dieses Stimmungsbild passt auch die Nachricht aus den USA, wo die Vitalität des Kinos vor allem an den Einspielergebnissen des Startwochenendes gemessen wird. Der Glaube an die Finanzkraft der Kinobranche wurde durch den stattlichen Umsatz des Horror-Sequels „A Quiet Place 2“ von 48 Millionen Dollar endgültig wiederhergestellt. Das sind – für einen mittelgroßen Film – Zahlen wie vor der Pandemie. Nach dem aufmunternden Einspielergebnis des Monster-Spektakels „Godzilla vs Kong“ sieht sich die Filmindustrie schon wieder auf Kurs.

Beide Titel gehören auch zu den ersten Filmen, auf die ab Ende Juni die deutschen Kinobetreiber ihre Hoffnungen setzen. Die Branche hat sich – unabhängig von den Wiedereröffnungsstrategien in den einzelnen Bundesländern – auf den 1. Juli als offizielles Datum für die Wiedereröffnung verständigt. Die Vielfalt des Angebots ist aber entscheidend dafür, mit welchen Zahlen die gebeutelten Kinos und Verleiher aus dem achtmonatigen Lockdown zurückkehren.

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Anfang Juli drängeln sich dann auch gleich die Starts von einigen lang ersehnten Filmen wie den Oscar- Gewinnern „Nomadland“ und „Judas and the Black Messiah“, der Marvel-Verfilmung „Black Widow“ und dem Bolidenheuler „Fast & Furious 9“, die beide über ein Jahr geschoben worden waren.

Die Berlinale wird zum Werbeträger für die Filmbranche

Dass die Kinos ausgerechnet im (branchenüblich) ungeliebten Sommer – in Konkurrenz zu einer ebenfalls verschobenen Fußball-EM – wiedereröffnen, ist dabei nicht unbedingt ein Wettbewerbsvorteil. Eine Veranstaltung wie die Berlinale wird so auch zum wichtigen Werbeträger für die Branche, die an den wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise noch in den kommenden Jahren laborieren wird.

Auf die Euphorie, die gerade in Berlin und in Cannes zu spüren ist, muss eine langfristige Strategie folgen, um das Publikum zu binden. Sonst wird man die Leute auch nach der Pandemie nicht von der Couch kriegen. Disney musste dies gerade feststellen. „Cruella“, der vergangene Woche parallel in den Kinos und auf Disney+ veröffentlicht wurde, spielte am ersten Wochenende nur 26 Millionen Dollar ein.

Die Studios sind genauso gefordert; die Entwicklungen seit der Pandemie sind nicht mehr rückgängig zu machen. Ende Mai landete Amazon im Wettbewerb um exklusive Filmrechte einen Coup: Das Traditionsstudio MGM ging für über acht Milliarden Dollar an den Onlinehändler. Das Juwel in diesem Paket sind, neben der umfangreichen Filmbibliothek, die Rechte an James Bond.

Die Produktionsfirma von Barbara Broccoli hatte sich während der Pandemie noch erfolgreich den Avancen von Netflix für die Exklusivrechte am mehrfach verschobenen Bond-Film „Keine Zeit zu sterben“ entzogen – nun liegt der Film bei der Konkurrenz. Broccoli hat gegenüber Amazon einen Kinostart durchgesetzt, aber im Monopoly der Streamingportale liegt die Verantwortung für die Zukunft des Kinos nicht zuletzt auch bei den Studios.

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