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Stoisch-trotziger Blick. Der ukrainische Regisseur Oleg Senzow hinter Gittern.

© Marx Film

Berlinale: "The Trial": Der Kreml gegen Oleg Senzow

Der ukrainische Filmemacher Oleg Senzow wurde vorgeblich wegen Terrorismus zu 20 Jahren Haft verurteilt. Der Berlinale-Film „The Trial“ dokumentiert den Schauprozess.

Ganz zum Schluss ist da nur noch Schnee, Schnee bis zum Horizont, durchbrochen allein von frostklirrendem Stacheldraht. Dahinter, in einem Hochsicherheitsgefängnis der ostsibirischen Region Jakutien, wird seit anderthalb Jahren Oleg Senzow festgehalten, 6000 Kilometer entfernt von seiner Heimat, der Krim.

Unmittelbar nach der Annexion der Halbinsel, im Mai 2014, war der ukrainische Regisseur und Staatsbürger Senzow von russischen Spezialkräften verhaftet und nach Moskau entführt worden. Was folgte, war ein durchsichtiger Schauprozess, bei dem man dem oppositionellen Filmemacher vorwarf, Terroranschläge auf der Krim vorbereitet zu haben. Dass die Beweislage dafür mehr als dünn war, zeichnet eindrucksvoll Askold Kurows Dokumentation des bizarr anmutenden Gerichtsschauspiels nach: Als Belege für Senzows angeblich „faschistische“ Geisteshaltung reichten der Staatsanwaltschaft zwei Dokumentarfilme über das Dritte Reich aus der DVD-Sammlung des Regisseurs. Auch bei der Suche nach potenziellen Tatwaffen scheiterten die Behörden, und ein angeblicher Mittäter, der Senzow zunächst belastete, erklärte während des Prozesses überraschend, dass seine Falschaussage durch Folter erzwungen wurde.

Das letzte Wort hat der Angeklagte

Als Hauptfigur des Films verfolgt Senzow das Prozesstheater mit stoisch-trotzigem Blick. Das Urteil stehe ohnehin fest, erklärt er mehrfach dem Richter, man habe es ihm bereits bei seiner Verhaftung angedroht: 20 Jahre. Als am Ende tatsächlich eine 20-jährige Haftstrafe verkündet wird, quittieren Senzow und sein Mitverurteilter Alexander Koltschenko (zehn Jahre) ihre Urteile mit fast schon befreit wirkendem Lachen. Das letzte Wort hat der Angeklagte. „Wir haben uns gewehrt, und wir haben gewonnen“, sagt Senzow über die Revolution in der Ukraine, die er als Warnung an das Nachbarland versteht: „Hier wird es früher oder später auch so kommen.“ Ein Zitat des russischen Schriftstellers Michail Bulgakow beschließt die Rede, bevor der Verurteilte hinter jakutischem Stacheldraht verschwindet: „Die größte Sünde ist Feigheit.“

Bei der Berlinale-Premiere des Films am Samstag werden Oleg Senzows russischer Anwalt sowie Verwandte, Freunde und Unterstützer des Regisseurs anwesend sein.

11.2., 15 Uhr (Haus der Berliner Festspiele), 12.2., 18 Uhr (Cubix 8), 16.2., 18 Uhr (Cubix 8)

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