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Aus Russland über New York nach Baku. Maria Ibrahimova.

© Adil Yusifov/Most Magazine

Berlinale Talents: Zurück in der Traumfabrik

Regisseurin Maria Ibrahimova aus Aserbaidschan sucht Geldgeber für ihren nächsten Film. Ein Porträt.

Als Maria Ibrahimova Russland verlässt, ist sie fünf Jahre alt. Sie erinnert sich noch an den Stoffhasen in der einen Hand, die Hand ihrer Großmutter in der anderen. Dieser jüdischen Großmutter ist es zu verdanken, dass sie und ihre Mutter damals überhaupt aus Moskau, ihrem Geburtsort, Richtung Westen ausreisen dürfen.

In den achtziger Jahren lässt die Sowjetunion immer wieder Menschen jüdischen Glaubens das Land verlassen. „Eine Rentnerin, eine junge Mutter und ein kleines Mädchen – ich glaube, wir waren nicht sonderlich nützlich für den Staat“, sagt Maria Ibrahimova, mittlerweile Filmemacherin und zu Gast auf der Berlinale.

Die Regisseurin und Produzentin aus Aserbaidschan ist auf der Suche nach Geldgebern für ihr aktuelles Projekt, mit dem sie auf dem Talent Projekt Mark zu Gast ist. Sie hält einen Zettel in die Höhe, den Zeitplan für diesen und den nächsten Tag. Darauf eingetragen: 30 Meetings.

„Die Olympischen Spiele für Produzenten“, nennt sie es. Zwischendurch hat sie sich Zeit genommen für ein Gespräch in einem Café unweit des Potsdamer Platzes.

Seit einer Woche ist Maria Ibrahimova, Jahrgang 1976, in der Stadt. Sie wirkt frisch und ausgeruht – ein Eindruck, den sie nicht bestätigen kann. „Ich habe das Gefühl, dass sich meine Augen gar nicht mehr richtig öffnen“, sagt Ibrahimova und lacht. Sie lacht viel und berichtet sehr plastisch aus ihrem Leben. Man merkt, dass die Regisseurin eine gute Geschichtenerzählerin ist.

Heimat ist nicht allein an einen Ort gebunden

Über Wien ging es für die fünfjährige Maria damals nach New York, wo sie aufgewachsen ist. „Ich bin New Yorkerin“, erklärt sie. „Dort fühle ich mich heimisch.“ Besonders, wenn sie im Haus ihrer Mutter ist, die noch immer dort lebt.

Doch der Begriff „Heimat“ ist für Maria Ibrahimova nicht an einen Ort allein gebunden. In Baku bei ihren zwei Kindern fühlt sie sich zu Hause, aber genauso auch am Set, wenn sie merkt, wie ihre Arbeit die kreative Seite ihres Wesens anspricht. Die eine, einzige Heimat gibt es für sie nicht.

„Ich bin ein Kind von Einwanderern“, sagt sie. „Wenn man mich morgen in Madagaskar aussetzen würde, käme ich auch zurecht.“ Vor zwölf Jahren jedoch hat es sie nicht nach Madagaskar, sondern in die aserbaidschanische Hauptstadt Baku verschlagen. Eine gewaltige Umstellung.

„Die Kultur, die Gesellschaft waren sehr verschieden.“ Auch die Erwartungen an eine Frau seien dort ganz andere gewesen. Der Grund für den Umzug: ihr Mann, ein Aserbaidschaner, den sie zuvor beim Studium in Paris kennenlernte.

Sie rief eine Plattform für junge Filmemacherinnen ins Leben

Mit ihm zusammen hat sie vor zehn Jahren in Baku eine Filmproduktionsfirma gegründet. Nicht das einzige Projekt, das Ibrahimova neben ihrem Job als Regisseurin stemmt. So rief sie ein Stipendium für junge Filmschaffende ins Leben und mit „Women in Motion“ eine Plattform, die Frauen in Aserbaidschan hilft, eine Filmkarriere zu starten.

Entscheidende Schritte auf dem Weg ins Business hat sie auf der Berlinale gemacht. 2007 wird ihr Debütfilm, die Doku „Miss Gulag“, gleich im Panorama gezeigt. Darin porträtiert sie drei Frauen, die in einem Gefängnis in Sibirien sitzen und dort an einer Schönheitswahl teilnehmen.

Den Film rechtzeitig fertig zu bekommen sei ein einziger Kraftakt gewesen. „Ich habe vier Monate lang quasi im Schnittraum gelebt. “ Maria Ibrahimova bezeichnet sich selbst als detailversessen bis „control-freakish“. „Ich liebe jedes Stadium des Filmemachens“, erklärt sie.

Besondere Beziehung zur Berlinale wächst weiter

Bei ihrem neuen Projekt, der Verfilmung des Buches „Hazel Eyes“ vom aserbaidschanischen Schriftsteller Meyxos Abdullayev, ist sie als Regisseurin, Produzentin und Co-Autorin dabei. „Das ist mein Baby“, sagt sie. Seit zwei Jahren arbeitet sie daran, den Film Wirklichkeit werden zu lassen.

Es geht um einen alten Mann, der sich im Krieg gezwungen sieht, das aserbaidschanische Dorf, in dem er wohnt, zu verlassen und sein geliebtes Pferd zurückzulassen. Bis an sein Lebensende wird er nach ihm suchen.

Knapp die Hälfte der Finanzierung steht schon, als Maria Ibrahimova nach Berlin reist. Ob sie die andere Hälfte hier zusammenbekommt?

Die Filmemacherin ist optimistisch, etliche Interessenten wollen sie treffen. Ein Grund für die Nachfrage liegt in ihrer engen Verbindung zu den Festspielen. 2010, drei Jahre nach „Miss Gulag“, hat sie bei der Nachwuchsförderinitiative Berlinale Talents mitgemacht. Nun ist sie wieder dabei, um Ko-Produzenten zu finden.

Ihre ganz besondere Beziehung zur Berlinale wächst also weiter. Was kann da jetzt noch kommen? „Wenn ich mit Hazel Eyes zurückkehren würde und den Film im Wettbewerb zeigen könnte, würde für mich ein Traum Erfüllung gehen“, sagt die Regisseurin. Es wäre nicht der erste ihrer Träume, der in Berlin Wirklichkeit wird.

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