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Im Blitzlichtgewitter: Die ungarische Autorin und Regisseurin Ildikó Enyedi wird für ihren Film mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet.

© Kalaene/dpa

Berlinale 2017: Silber, Gold und Kaugummi

Bei der Bären-Gala der 67. Berlinale gab es einige Überraschungen. Manche Dankesreden fielen sehr kurz aus. Und Berlinale-Chef Kosslick gab sich kämpferisch.

Alles schon mal dagewesen? Nein, so was dann wohl doch noch nicht. Oder kann sich irgendjemand an einen mit Berlinale-Silber geehrten Schauspieler erinnern, der seiner Trophäe, bevor er zu den obligatorischen Dankesworten anhebt, erst mal den Kaugummi auf die rechte Bärentatze klebt? Insofern ist das klebrige Schauspiel, das der Österreicher Georg Friedrich, Hauptdarsteller in „Helle Nächte“, am Samstagabend bei der Verleihung der Berlinale-Bären liefert, eine echte Premiere und als solche die letzte dieser 67. Filmfestspiele.

Obwohl, auch Gedichte werden bei dieser Zeremonie nicht oft vorgetragen, in diesem Falle aber schon, wiederum durch Georg Friedrich – und zwar ein Gedicht von Stephen Crane, einem US-amerikanischen Poeten des späten 19. Jahrhunderts. Die Verse, so verrät der Rezitator, hätten ihm am Herzen gelegen. Nun ja, der Sinn bleibt dennoch etwas dunkel.

Ein Abend mit Überraschungen

Der Abend ist ohnehin für Überraschungen gut. Nicht die Reaktionen des Publikums, das dem Siegerfilm „On Body and Soul“ sehr großzügig Beifall spendet und sich schon zuvor einverstanden gezeigt hat mit den Entscheidungen der Jury. So wird auch Aki Kaurismäkis Regiepreis viel beklatscht, ja bejubelt, wenn auch – Premiere! – der Finne sich nicht den Preis von der Bühne holt. Er hat wohl schon vorher kräftig gefeiert, die Jurorin Dora Bouchoucha Fourati und Festivalchef Dieter Kosslick bringen ihm den Bär jedenfalls zu seinem in den oberen Parkettreihen gelegenen Sitz. Kaurismäki greift zur Trophäe, als sei der Bär ein Mikrofon – einer seiner berühmten Scherze. Um dann doch noch ganz korrekt ins richtige Mikro zu sprechen, kurz und bündig: „Ladies and gentlemen, thank you very much.“ Anke Engelke hat ganz Recht: „Wenn der Mann nicht zum Bären kommt, muss der Bär eben zum Mann kommen“.

Eine kürzere Rede als Kaurismäki gelingt nur Dana Bunescu; die Editorin von „Ana, mon amour“ wird für ihre „herausragende künstlerische Leistung“ geehrt. Ein Danksagung wie der Finne, nur ohne „ladies and gentlemen“ – eine allerdings verzeihliche Knappheit: Offensichtlich hat es ihr vor Überraschung und Freude die Sprache verschlagen.

Straffe Dankesreden

Ansonsten schließt die erfreulich straff, mit zum Glück nur wenigen ausufernden Danksagungen ablaufende Preisgala nahtlos an die von politischen Anspielungen durchtränkte Eröffnungsfeier vor neun Tagen an – nur dass Donald Trump, dessen Name da noch ungenannt im Raum schwebte, diesmal auch schon mal direkt gegeißelt wird, wegen seiner Ausfälle gegen die Presse.

Auch Berlinale-Chef Dieter Kosslick gibt sich wieder kämpferisch, dankt den Filmemachern für ihre Versuche, „mittels Poesie die Welt zu retten“, sie sei in schlechter Verfassung. Und er rügt die Türkei für die Verhaftung des deutschen Korrespondenten Deniz Yücel am 14. Februar in Istanbul, äußert die Hoffnung, dass dieser bald wieder freigelassen würde. Dazu reckt er gar die linke Faust. Venceremos – sozusagen.

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