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Beste Aussichten für die Zukunft der Neuen Nationalgalerie - sie platzt aus allen Nähten. Das Museum der Moderne schafft Abhilfe. Es ist ähnlich wie bei Otto Pienes Lichtinstallation im Sommer 2014. Der Wind spielte anfangs nicht mit.

© dpa

Berlin bekommt Museum der Moderne: Kulturforum muss attraktiver Stadtraum werden

Der Bund baut das Museum der Moderne: Das ist auch ein Ergebnis demokratischer Streitkultur. Wobei der Museumsneubau auch Berlin in die Pflicht nimmt: Das Kulturforum muss endlich in einen attraktiven Stadtraum verwandelt werden. Der nächste Regierende, Michael Müller, sollte es zur Chefsache machen.

Dem jungen Mann schwirrt der Kopf. Es summt und brummt um ihn herum, die Flugbahnen des Insekts bilden ein wildes Liniengeflecht. Max Ernsts Bild mit Mann und Fliege hängt zur Zeit in der Berliner Neuen Nationalgalerie. Es gehört zu den Schätzen der Sammlung Pietzsch, die eines nun nicht mehr gar so fernen Tages im neuen Museum der Moderne am Kulturforum bestaunt werden können. So viel Bewegung, so viel Aufregung, so viele Perspektiven.

Was ging dem Beschluss des Bundes, das Museum zu bauen, nicht alles voraus! Masterpläne und Machbarkeitsstudien, Podien und Petitionen, erbitterte Fehden um die Alten Meister in der Gemäldegalerie und die Platznot für die Moderne. Die Renaissance, das 20. Jahrhundert, Dürer und Beckmann, Cranach und Grosz, kann man das ausspielen gegeneinander? Welchen Wert messen die Deutschen ihrer Kunst und Kultur bei? Wer darf bestimmen: die oft hochherrschaftliche, öffentlichkeitsscheue Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Hüter der deutschen Schätze? Oder die Bürgergesellschaft?

Die Diskussion um die Neuordnung der Berliner Museumslandschaft wurde mit großer Leidenschaft geführt. Am Ende dieses wild wogenden Meinungsbildungsprozesses steht der Zuschlag des Bundes für das Moderne-Museum – als öffentlich erstrittener Konsens.

Streitkultur: ein hohes Gut der Demokratie

Streit um die Kultur, überhaupt: Streitkultur, sie ist ein hohes Gut in der Demokratie, unverzichtbar für ihr Selbstverständnis. Zumal in einer Kulturnation. In Deutschland war sie zuerst da, vor der politischen Nation, wie Kulturstaatsministerin Monika Grütters kürzlich in ihrer Marbacher Schiller-Rede betonte. Kunst und Politik, Utopie und Demokratie, Schönheit und Freiheit: Grütters zog feine Parallelen. Es gibt Momente, in denen sie einander berühren, wenn etwas so Nüchternes wie ein Haushaltsausschuss sich so unmissverständlich zur Kultur bekennt.

In Berlin, dieser ruppigen Stadt, erregt man sich bekanntlich gern, um sich sodann zusammenzuraufen. Die Kulturhauptstadt fährt gut damit. Bei der Debatte um das Holocaust-Mahnmal, beim Ringen um ein, zwei, drei Opernhäuser, um das Schloss in der historischen Kubatur. Hoffentlich geht es bei der Gestaltung dessen, was hinter den barocken Fassaden geschehen soll, bald ähnlich engagiert zu. Beim Humboldt-Forum liegt noch vieles im Argen.

Das Kulturforum braucht eine Perspektive

So viele Perspektiven: Höchste Zeit, dass auch das Kulturforum eine bekommt, spätestens mit dem Architektur-Wettbewerb für das Museum der Moderne. Auch hier wurde unendlich viel debattiert. Allerdings ohne Ergebnis, schiebt man sich doch gegenseitig die Verantwortung zu. Der Bund, das Land, die Senatsbaudirektion, der Bezirk – sie sind gemeinsam fürs Kulturforum zuständig, für diese Adresse großartiger Architektur-Ikonen von Hans Scharoun bis Mies van der Rohe. Ein zentraler Platz der Stadt – Nationalgalerie-Chef Kittelmann spricht von einem der international prominentesten Museumsstandorte – liegt seit dem Mauerfall brach. Ein Stück Ödland, Parkplatz mit Würstchenbude, ein chronisches Ärgernis. Hier muss endlich was passieren, und zwar schnell.

Berlins künftiger Regierender Bürgermeister Michael Müller sollte das Kulturforum zur Chefsache erklären, schließlich war er bisher Stadtentwicklungssenator. Auch Kulturstaatssekretär Tim Renner kann den Dankesworten fürs Moderne-Museum an die Adresse des Bundes Taten folgen lassen. Das Neue Museum nimmt Berlin in die Pflicht.

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