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So fein wie er ritzte keiner die Natur. Ein Landschaftsbild von Waterloo.

© gemeinfrei

Begnadeter Naturzeichner: Eine Schau in Quedlinburg zeigt Grafiken von Anthonie Waterloo

Mythologische Szenen, erzählende Landschaften, und ein einzigartiges Auge fürs Detail: Waterloos Kunst macht dem Goldenen Jahrhundert der Niederlande alle Ehre.

Das Rembrandt-Jubiläumsjahr ist geeignet, den Blick auf die heutzutage bei Weitem nicht mehr derart geschätzten grafischen Künste zu lenken. Wer legt sich noch wie Goethe eine Sammlung grafischer Blätter „nach Schulen, Meistern und Jahren“ an?

Das Goethe-Zitat steht am Beginn der Einleitung zum Katalog der Grafiken von Anthonie Waterloo, den die Lyonel-Feininger-Galerie in Quedlinburg zu ihrer jüngst eröffneten Ausstellung des Gesamtwerks des Niederländers vorlegt.

Waterloo, 1609 geboren, war ein Zeitgenosse Rembrandts, den er freilich um zwei Jahrzehnte überlebte. Er ist heute allenfalls noch Spezialisten bekannt.

Dass die Feininger-Galerie, die seit einiger Zeit den Namenszusatz Museum für grafische Künste führt, ausgerechnet Waterloo zeigen kann, liegt an einem frühen Gönner und Sohn der Stadt, Friedrich Besser, der im späten 19. Jahrhundert bis auf drei Blätter alles zusammentrug, was Waterloo je radiert hat.

Der Radierer Waterloo arbeitete immer in Serien, selten von vier, meist von sechs oder zwölf Blättern im handlichen Format. Er produzierte für einen Käuferkreis, der Grafiken sammelte ähnlich wie ein illustriertes Buch: um mehr als eine Ansicht zu gewinnen. Im Falle Waterloos sind das Ansichten von baumbestandener Natur und ganzen Wäldern.

[Quedlinburg, Lyonel-Feininger-Galerie, bis 6. Januar. Katalog 19,80 €]

Kaum ein Kollege konnte Details von Zweigen und Blättern so fein in die Platte ritzen wie Waterloo. Die biblischen und mythologischen Szenen oder die erzählenden Landschaften, die er als Motive wählte, dienen ihm stets als Anlass, ausladende, eindrucksvoll gewachsene Bäume ins Bild zu bringen. Das war das Genre, auf das Waterloo spezialisiert war.

In Quedlinburg sind die 136 Blätter des Gesamtwerks in ebenden ursprünglichen Serien gehängt. Sie verlangen nach Betrachtung aus der Nähe. Der mustergültige Katalog erlaubt, was die zeitgenössischen Sammler entbehren mussten – den Überblick über alle Radierungen und den Vergleich der sich nie wiederholenden Baumansichten.

Vielleicht muss man Waterloo nicht kennen; aber wenn man wissen will, was das Goldene Jahrhundert der Niederlande künstlerisch so groß gemacht hat, so gibt diese Ausstellung Hinweise. Es bedurfte spezialisierter Kunstproduzenten und ihrer regelmäßigen Käufer. Die Ausstellung hätte es verdient, in weiteren Museen ein größeres Publikum zu erreichen, in diesem der Grafik eher wohlgesonnenen Jahr.

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