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Nicht gerade in Feierlaune. Büste aus dem Beethoven-Museum Wien.

© picture alliance / Herbert Neuba

Beethoven-Jahr 2020: Ludwigs Lust

Nächstes Jahr wird der 250. Geburtstag von Ludwig van Beethoven gefeiert. Was planen Berlins große Konzerthäuser? Ein Programmüberblick.

Es ist die alte Geschichte vom Teufel und dem größten Haufen. 2020 jährt sich Ludwig van Beethovens Geburtstag zum 250. Mal – und dann wird ganz groß gefeiert. Obwohl er die Gratulationscour gar nicht braucht, weil alle seine bedeutenden Werke ja sowieso ständig auf den Programmen stehen. Andere Komponisten dagegen, deren Oeuvre im Laufe der Zeit in Vergessenheit geraten ist, und die es darum viel nötiger hätten, aus Anlass eines Jubiläums zurück ins Rampenlicht gerückt zu werden, behandelt der Konzertbetrieb dagegen stiefmütterlich. Ob die 200. Geburtstage von Niels Gade (2017), Charles Gounod (2018) oder Jacques Offenbach (2019), ob Lili Boulangers 100. Todestag im vergangenen oder Carl Loewes 150. Todestag in diesem Jahr: Nur vereinzelt stiegen Musikerinnen und Musiker in die Archive, um dort nach Werken zu suchen, mit denen eine Wiederbegegnung sich lohnen könnte. Aber wenn Ludwig van Beethoven einen Ehrentag hat, dann wollen alle ausführlichst gratulieren.

In Berlin allerdings kommt es in der nächsten Saison erstaunlicherweise dennoch nicht zum Beethoven-Overkill. Ja, beim Blättern in den Vorschauheften kann man sogar den Eindruck gewinnen, die hiesigen Protagonisten hätten sich untereinander abgesprochen. Denn es gibt kaum Doppelungen in der Planung, mal abgesehen von der neunten Sinfonie, deren Aufführungen sich aber ganz gut über die 12 Monate verteilen.

Barenboim will alle Klaviersonaten spielen

Kirill Petrenko, der neue Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, startet mit dem „Ode an die Freude“-Werk seine Amtszeit: beim Einstand am 23. 8. wird es in der Philharmonie erklingen, tags darauf dann vor dem Brandenburger Tor, bei freiem Eintritt für alle. Im Januar folgt das 3. Klavierkonzert mit Daniel Barenboim als Solisten, bei den Osterfestspielen in Baden-Baden dirigiert Petrenko „Fidelio“ sowie die monumentale Missa Solemnis.

Auch beim Konzerthausorchester tritt ein neuer Chef an. Christoph Eschenbach allerdings legt in seiner ersten Saison den Schwerpunkt auf Brahms. Einmal nur widmet er sich Beethoven: wenn er ein Gastspiel des Orchestre de Paris im Konzerthaus leitet. Die Kammermusikformationen seines Orchesters werden aber für eine angemessene Beethoven-Präsenz am Gendarmenmarkt sorgen, ebenso wie das Vogler-Quartett.

Von den Berliner Bühnen zeigt nur die Staatsoper „Fidelio“, in Harry Kupfers blutleerer Inszenierung von 2016, musikalisch betreut von Simone Young. Generalmusikdirektor Daniel Barenboim dirigiert am Jahreswechsel die Neunte und stemmt dann im Alleingang den Zyklus aller Sinfonien während der österlichen Festtage. Er ist zudem der Protagonist des Beethoven-Schwerpunkts im Boulez Saal: Er wird alle Klaviersonaten spielen, mit Pinchas Zukerman die Violinsonaten sowie mit seinem Sohn Michael und dem Cellisten Kian Soltani die Klaviertrios.

Wiener Klassiker nur als Themengeber

Mit Understatement reagiert das Deutsche Symphonie-Orchester. Martin Helmchen ist der Solist im 3. Klavierkonzert, Chefdirigent Robin Ticciati bietet bei einem „Notturno“-Konzert auf der Museumsinsel die Streichorchesterfassung der „Großen Fuge B-Dur“ an. Ansonsten taucht der Wiener Klassiker nur als Themengeber auf – für Erwin Schulhoffs Orchesterversion der „Wut über den verlorenen Groschen“ sowie für die klanglichen Umsetzungen des „Heiligenstädter Testaments“ durch die Zeitgenossen Brett Dean und Rodion Shchedrin.

Ganz ohne Beethoven kommt Vladimir Jurowski aus, der Chef des Rundfunk-Sinfonieorchesters. Sogar die traditionell zu Silvester vom RSB aufgeführte Neunte überlässt er der neuen Ersten Gastdirigentin Carina Kannelakis.

Alle Neune sind übrigens bereits ab dem 19. Juli im Konzerthaus zu erleben, beim „Young Euro Classic“-Festival nämlich. Das will sich zwar eigentlich für die Musik des 20. Jahrhunderts einsetzen – aber für unser aller Ludwig wird eine Ausnahme gemacht.

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