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Bauhaus-Archiv Berlin: Der Schwung der Moderne

2019 jährt sich die Gründung des Bauhauses zum 100. Mal. Das Bauhaus-Archiv in Berlin bekommt wahrscheinlich rechtzeitig zum Jubiläumsjahr 2019 einen Anbau – und kündigt mit Weimar und Dessau eine Triennale an.

Geschenke sind am schönsten, wenn man sie sich gar nicht gewünscht hat. Die Freude bei Annemarie Jaeggi dürfte groß sein, wenn tatsächlich wahr wird, dass das Bauhaus-Archiv, dem sie als Direktorin vorsteht, 2019 – also genau 100 Jahre nach der Gründung des Bauhauses in Weimar – erweitert werden kann. Zehn Jahre, seit ihrem Amtsantritt, hat Jaeggi für eine Vergrößerung des Museums in Tiergarten geworben.

Das Bauvorhaben könnte bereits im kommenden Jahr angeschoben werden. Der geplante Doppelhaushalt 2014/ 2015 des Berliner Senats sieht für das Bauhaus-Archiv 500 000 Euro zusätzlich vor. Das wäre genug, um erste Ausschreibungsmodalitäten für einen Architektenwettbewerb zu klären oder Bodenvoruntersuchungen auf dem zu bebauenden Parkplatzgelände zu machen. In der mittelfristigen Haushaltsplanung des Senats für 2016 bis 2019 sind darüber hinaus 43,5 Millionen Euro vorgesehen – insgesamt also genau jene 44 Millionen, die Jaeggi für den Anbau und die Ertüchtigung des denkmalgeschützten Bestandsbaus kalkuliert hat. Noch ist das ein Haushaltsentwurf, über den das Abgeordnetenhaus voraussichtlich am 12. Dezember abstimmen wird. Der Bund hat angekündigt, 50 Prozent der Baukosten zu übernehmen, wenn Berlin entsprechende Mittel bereitstellt – was nun geschehen ist.

Das Museum mit der weltweit größten Bauhaus-Sammlung platzt aus allen Nähten. Bisher besitzt es an der Klingelhöferstraße etwa 700 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Durch den Anbau soll sie sich mehr als verdreifachen, auf 2300 Quadratmeter, während das bestehende Gebäude als Veranstaltungsort und Bibliothek und für die Kinder- und Jugendbildung genutzt werden soll. Dafür ist bisher kein Platz.

Das Bauhaus-Archiv ist beliebt, die Gästezahlen haben sich in zehn Jahren verdoppelt

Startschwierigkeiten hatte das Archiv schon immer. Von Walter Gropius seit 1963 für die Darmstädter Rosenhöhe geplant, fand der Entwurf dort keine Sympathie. Der Architekt zog mit seinen Plänen nach Berlin. Was als Krone hoch über der Stadt geplant war, versank nun etwas unscheinbar auf einem schmalen Gelände zwischen Reichpietsch- und Lützowufer. Doch das hat sich nicht negativ auf die Besucherzahlen ausgewirkt, im Gegenteil. 2012 verbuchte das Haus mit 115 000 Besuchern einen Rekord, die Gästezahlen hatten sich in zehn Jahren verdoppelt. Man muss nur einmal an einem ganz gewöhnlichen Wochentag ins Archiv schauen: Schulklassen drängeln sich da, alle Sprachen der Welt sind zu hören und viel junges Publikum zu sehen. Im 20. Jahrhundert hat das Bauhaus entscheidende Architektur- und Designimpulse geliefert. Im 21. Jahrhundert ist es so attraktiv wie nie.

Diese Erfolgsbilanz dürfte ausschlaggebend für die Zustimmung zum Erweiterungsbau gewesen sein. Wenn sich Berlin als Designmetropole versteht, wie Tourismus- und Wirtschaftsbeauftragte gerne betonen, dann sollte das Potential des Bauhaus-Archivs erkannt werden. Es kann internationale Strahlkraft entwickeln, mit historischen Ausstellungen zur Schule des Bauhauses und ihren Gestaltungsregeln, zu ihren Erben (deren Bauten das Archiv auf Exkursionen etwa ins Hansaviertel oder in die „Weiße Stadt“ in Reinickendorf vermittelt und damit in die Stadt hineinwirkt) und ihren Einflüssen im zeitgenössischen Design.

Die "Triennale der Moderne" will das Verständnis für die Moderne gerade in Deutschland fördern

Ausschlaggebend für den politischen Umschwung dürfte auch das nahende Jubiläum in sechs Jahren sein. Viel Zeit ist nicht mehr. Schon jetzt bringen sich Berlin, Weimar und Dessau gemeinsam in Stellung. Am Freitag beginnt die erste „Triennale der Moderne“. In einem umfangreichen Programm aus Vorträgen, Rundgängen und Ausstellungen beschäftigen sich alle drei Städte mit der Architekturmoderne und den Einflüssen der Bauhaus-Schule. „Im Ausland gibt es ein viel größeres Verständnis für die Moderne in Deutschland als hierzulande“, sagt Philipp Oswalt, Direktor der Stiftung Bauhaus in Dessau, bei der Vorstellung des Festivals. Die Triennale soll das ändern. Der Schwerpunkt der diesjährigen Ausgabe liegt auf Berlin. Hier schließt man sich mit 50 Veranstaltungen dem Themenjahr „Zerstörte Vielfalt“ an. Zur Eröffnung wird Annemarie Jaeggi in der Architektenkammer über das sehr kurze Leben des Bauhauses in Berlin sprechen. Nur wenige Monate nach dem Umzug aus Dessau entschied sich der damalige Direktor Ludwig Mies van der Rohe 1933 zur Schließung, um der NS-Gleichschaltung zu entgehen. Wie die Nazis mit Bauten der Moderne umgegangen sind, wird Thema eines Vortrags im 1929 erbauten Landhaus am Rupenhorn in Charlottenburg sein, einem der wenigen erhaltenen Wohnhäuser aus der Zeit der Neuen Sachlichkeit. Spaziergänge führen durch die ehemalige Reichsforschungssiedlung Haselhorst oder die Siedlung Schillerpark. Auch die Atelierwohnung von Hans Scharoun in Siemensstadt kann besichtigt werden, genauso wie eine nach Bruno Taut wieder rekonstruierte Wohnung in der Hufeisensiedlung, die sonst als Ferienwohnung dient.

Im Dreijahresrhythmus soll sich die Triennale etablieren und später möglicherweise bundesweit Kooperationspartner finden. Wie blass sähe Berlin, das große Freilichtmuseum der Moderne, gegenüber seinen Partnern in Thüringen und Sachsen-Anhalt aus – ohne die dringende Erweiterung des Archivs? Weimar ist bereits sein Museumsneubau zugesichert worden, die Bauarbeiten sollen 2015 beginnen. Im Juli hatte die Landesregierung von Sachsen-Anhalt ebenfalls grünes Licht für ein Ausstellungshaus in Dessau gegeben. Aber ist das Berliner Projekt bis 2019 überhaupt realisierbar? Aus dem Bauhaus-Archiv heißt es, der Bund habe parteiübergreifend Unterstützung signalisiert. Von Politikern, die auch im neuen Bundestag vertreten sein werden.

Triennale der Moderne in Berlin, Dessau und Weimar, 27.9. bis 13.10. Programm unter www.triennale-der-moderne.de

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