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"We are concrete/We are bodies/We have sex/We are neoretroactive/We are relative" von Isa Melsheimer.

© Andrea Rossetti

Ausstellung zum Marianne-Werefkin-Preis: Die Kunst der Botanik

Stadt, Umwelt, Struktur: Die diesjährige Marianne-Werefkin-Preisträgerin Isa Melsheimer besticht durch ihre poetische Vielschichtigkeit. Ihre und die Werke der Mitnominierten sind im Haus am Kleistpark ausgestellt.

Leichte, bestickte Vorhänge wiegen sich sanft hin und her. Sie hängen neben massiven Betonklötzen, aus denen grüne Pflanzen sprießen. Isa Melsheimer verspinnt in ihren Werken poetische Geschichten. Dafür wurde sie gerade mit dem Marianne Werefkin-Preis 2015 des Vereins der Berliner Künstlerinnen ausgezeichnet. Das Haus am Kleistpark zeigt ihre Arbeiten jetzt mit denen der Mitnominierten, Ina Bierstedt und Hanna Hennenkemper.

Hanna Hennenkemper ist eine aufmerksame Zeichnerin und Grafikerin, die nicht nur ihre Umgebung abbildet, sondern zugleich einen Sinnesabdruck ihrer Objekte erschafft. Haarklammern, Kleiderhaken und Bleistiftspitzer stehen im Zentrum ihrer Studien mit Buntstift. Die Zeichnungen sind farbintensiv, detailgetreu konturiert, sie zeigen die scharfe Beobachtungsgabe der Künstlerin. Ina Bierstedt hingegen malt klassisch auf Leinwand mit Acryl und Öl, Grün- und Blautöne dominieren ihre Bilder. Die Konzepte changieren zwischen klaren Konturen und flirrenden, übereinandergeschichteten Melierungen. So sind in einem Bild zwei Jäger mit klaren Umrissen in intensiver Grünschattierung zu sehen, während die Waldlichtung und der See in ihrer Umgebung durch die differenzierten Pinselstriche verschwimmen, wie eine verblassende Erinnerung. Romantisch und doch ohne jeden Pathos.

Kunst mit eigenem Kreislauf

Die Tiefe der Werke von Gewinnerin Isa Melsheimer entfaltet sich erst auf den zweiten Blick. So entpuppen sich die feinen Stickarbeiten auf den nahezu durchsichtigen Vorhängen als Wegweiser durch die Geschichte des Pflanzenhandels und -anbaus. Von den Ägyptern bis zum Weltentdecker James Cook lässt sich jede Geschichte „nachlesen“. Melsheimers Arbeiten speisen sich durch ein genaues Studium der Architektur- und Stadtgeschichte. Besonders das Wechselspiel von Natur und Zivilisation steht im Vordergrund. In einem Bild zeichnet sie mit präzisen Konturen das Kulturforum, doch in das grau der architektonischen Struktur ragen Grünpflanzen hinein – und mittendrin steht ein Wolf, der sich kaum merklich ins Bild einfügt. „In ihrem Kosmos ist alles mit allem verwoben“, begründet die Jury ihre Entscheidung. Diese Verwobenheit zeigt sich auch plastisch in eben jenen Betonformen, in die Wasser und Wasserpflanzen eingelassen sind, hartes Grau und stechendes Grün buhlen miteinander. Eine Besonderheit ihrer Arbeit ist der Ward’sche Kasten, der in der frühen Phase der Botanik zum Transport exotischer Pflanzen nach Europa benutzt wurde – in eben jenes Haus am Kleistpark, in dem damals das Königliche Botanische Museum saß. Melsheimers Kästen sind befüllt mit Pflanzensamen aus aller Welt, die nun in ihrem eigenen Kreislauf in den Kästen sprießen. Die Feuchtigkeit tropft vom Glas, innen drin pressen sich die Grünpflanzen an die Scheiben. Nahezu poetisch fügt sich ihr Oeuvre zusammen, eine Vielschichtigkeit, die ihresgleichen sucht.

Noch bis 9. August, Haus am Kleistpark, Di-So, 11-18 Uhr, Eintritt frei

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