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Würdigung des Profanen. Rauschenbergs Cunningham Porträt.

© Doris Klaas, VG Bild-Kunst Bonn ’17

Ausstellung zu Jasper Johns und Robert Rauschenberg: Bilder einer Freundschaft

Die Galerie Richard stellt Werke von Jasper Johns und Robert Rauschenberg gegenüber. Die Künstlerikonen waren zweitweise ein Paar, wohnten und arbeiteten zusammen.

Jasper Johns hat die amerikanische Flagge immer wieder gemalt. Zum ersten Mal 1954; damals war er 24 Jahre alt und gerade vom Militärdienst aus Japan zurückgekommen. Bevor er die Formen der Fahne in Öl und Wachs auf die Leinwand übertrug, klebte er Zeitungsausschnitte auf den Grund, sodass die Schlagzeilen trüb durch die Farben hindurchschienen. Johns’ „Stars and Stripes“ waren nicht makellos, sie sahen vielmehr aus, als hätte er die Fahne durch den Dreck gezogen.

Eine dieser „Flags“ hängt in der Galerie Richard gleich neben dem Fenster. Es ist ein Druck, den Johns knapp 50 Jahre nach seiner ersten Version in einer Auflage von 70 Stück hergestellt hat (1200 Euro). Der Galerist Winfried Richard ersteigerte das Bild auf einer Auktion. Manche der Werke der Ausstellung hingen bis vor wenigen Wochen noch in seiner Wohnung. Fällt es schwer, sich von ihnen zu trennen? Richard antwortet mit Ernst Bloch: „Der hat geschrieben: ,Man sammelt, um zu bewahren.‘ Wenn ich die Stücke in gute Hände weitergebe, ist das das Beste, was passieren kann.“

Johns wohnte mit Robert Rauschenberg zusammen

Johns’ Editionen hat der Galerist Prints von Robert Rauschenberg gegenübergestellt. „Während ihre Gemälde heute unbezahlbar geworden sind, kann man sich die Druckgrafiken noch leisten“, erklärt er. „Obwohl sie als Auflagen konzipiert wurden, sind die Arbeiten durch das Konzept der Collagen einzigartig.“

In dem Jahr, in dem Johns seine erste „Flag“ malte, wohnte er mit Rauschenberg im selben Haus, gelegentlich arbeiteten sie zusammen und wurden ein Paar. Für ihren Freund Merce Cunningham, der gerade dabei war, das Ballett zu revolutionieren, entwarfen sie Bühnenbilder. Für John Cage gestalteten sie Plakate und bereiteten Happenings vor. Es war eine Zeit der kreativen Kollaborationen und des Ausprobierens. Mit den Drucktechniken experimentierten sie erst in den 60ern, als ihre Beziehung schon zu Ende war. Freunde blieben sie weiterhin.

Zustandsbilder des amerikanischen Alltags

So verwundert es nicht, dass Johns der Tänzerin Viola Farber ein Gemälde widmete, das Richard nun als Lithografie anbietet (7500 Euro): Neben ihren Vornamen arrangierte Johns einen Löffel und eine Gabel, die ein Gummiband zusammenhält. Alltagsgegenstände wie Besteck tauchen immer wieder in Johns’ Bildwelten auf. In diesem Fall steht die Darstellung für mehr als eine bloße Würdigung des Profanen. Der Künstler schuf ein Doppelporträt der Freundin: Das Gummiband wird zum improvisierten Zupfinstrument, einer zweiten Viola.

Auch Rauschenberg zeigte das Gewöhnliche. Nur so, glaubte er, würde die Abgrenzung von den großen Gesten des Abstrakten Expressionismus gelingen. Mit seinen „Combine Paintings“, in denen er Fundstücke wie Glühbirnen und Cola-Flaschen zum Bildinhalt machte, bereitete er die Pop Art vor. Johns und Rauschenberg entwickelten so Zustandsbilder des amerikanischen Alltags. Als patriotisch verstanden sie ihre Arbeiten jedoch nicht. Trotzdem heißt es, Johns hätte seine „Flags“ immer dann wieder neu aufgelegt, wenn die politische Spitze die freiheitlichen Ideale des Landes mit Füßen trat. Vor diesem Hintergrund wirkt sein Motiv heute so aktuell wie lange nicht mehr.

Galerie P. W. Richard, Wielandstr. 13, bis 23. 9.; Mi–Fr 13–19 Uhr, Sa 13–16 Uhr.

Laura Storfner

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