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Streifzüge. „Schwindendes Licht“ (2018) von Barbara Müller-Kageler.

© Galerie

Ausstellung von Barbara Müller-Kageler: Stille Brise

Die Strandgemälde der Berliner Malerin Barbara Müller-Kageler sind eine Meditation über die Natur. Der Kunsthandel Wilfried Karger zeigt eine Auswahl zu ihrem 80. Geburtstag.

„Strand und Steine“, hinter dieser Ausstellung verbirgt sich eine Würdigung von Barbara Müller-Kageler. Über 20 ihrer Strandgemälde zeigt der Kunsthandel Wilfried Karger zum des 80. Geburtstag der Berliner Malerin – das Meer im wohnzimmertauglichen Format, seit der Wende ein zentrales Motiv im Schaffen der Künstlerin, die nach einer Lehrtätigkeit an der Humboldt-Universität an der Kunsthochschule Weißensee wirkte, von 1993 bis zu ihrer Emeritierung 2003 als Professorin. Ein Berliner Urgestein also, das die Galerie buchstäblich mit Steinen, figurativen Sand- und Kalksteinarbeiten zeitgenössischer Bildhauer, flankiert.

Barbara Müller-Kageler ist vom Meer fasziniert, das sie auf Studienreisen, seit den 90er Jahren auch an der normannischen und portugiesischen Küste oder auf den Liparischen Inseln, erlebte. Besonders die Ostsee hat es ihr angetan, wo sie in feinen Nuancen Licht, Luft und Atmosphäre gestaltet, die Tendenz zur Abstrahierung im Gepäck. In Weißensee wäre sie fast Amtskollegin des Anfang 2018 verstorbenen Hans Vent gewesen, der das Thema Strandleben mehrfach durchspielte, wie in seinem großen Wandgemälde „Menschen am Strand“, das 1975 im SED-Auftrag für die Bildergalerie des Palasts der Republik entstand. Eine Vision kollektiver Eintracht in der Natur inmitten eines politisch geschlossenen Systems, in der sich beide Geschlechter in natürlicher Nacktheit und verschiedenen Posen vereinen, so leicht und locker gemalt, dass es jeder Doktrin vom strammen Sozialistischen Realismus zuwiderlaufen musste. Ihr widersetzte sich auch Barbara Müller-Kageler, die zunächst Kunstpädagogik an der Humboldt-Universität, dann Malerei an der Kunsthochschule Weißensee studierte.

Landschaftskulisse mit Allerweltsmenschen

In ihren Bildern (Preise: 1600 und 3600 Euro) erscheinen Himmel, Wasser und Sand in horizontalen, pastos aufgetragenen Schichten bei wechselndem Licht, die Farben changieren zwischen hellem Ocker und violettem Blau, das Wetter pendelt zwischen Sturmböen und Gewitterfront. Kein Ort für die Reichen und Schönen, von Tourismus oder FKK-Kultur keine Spur. Doch bleibt diese auf das Wesentliche festgelegte Landschaftskulisse nicht ohne menschliches Leben. Wie auf einem noch unbeschriebenen Notenblatt setzt die Malerin ihre Protagonisten davor, Männer und Frauen in gestreiften Bademänteln, nackt oder mit Regencapes und Schirmen gegen das raue Klima gerüstet. Es sind keine Individuen, vielleicht Typen, Allerweltsmenschen, liebevoll bis komisch in den Proportionen überzeichnet oder geometrisch reduziert, vertikale rudimentäre Farb- und Formzeichen im Raum. Versammelt sind sie in einer geballten Formation in stringenter Rückenansicht, manchmal ein wenig auseinanderdriftend, eine scheinbare Zweckgemeinschaft, die weniger die individuelle Einsamkeit als die Zweisamkeit angesichts einer allgegenwärtigen Naturgewalt eint.

Wie in einer wohlkomponierten Fuge bleibt hier nichts dem Zufall überlassen, nur einmal springt ein Hund ins Bild. Auch die pastellhaften, lichten oder verschatteten Farben spielt die Künstlerin gegeneinander aus, jede hat ihren Platz im Gefüge, das den malerischen Leisegang erstrebt. Angenehm wird der Blick des Betrachters berührt, erheitert und zugleich beruhigt. So bleibt die Natur eine Quelle der Regeneration und Meditation, unabhängig von allen politischen oder meteorologischen Winden.

Kunsthandel Dr. Wilfried Karger, Stilwerk, Kantstr. 17; bis 28. 7., Di–Fr 14–19 Uhr, Sa 10–19 Uhr

Angelika Leitzke

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