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Die Kuppel der Neuen Synagoge in Berlin glänzt über den Dächern der Oranienburger Straße.

© picture-alliance/ dpa

Ausstellung in Neuer Synagoge in Berlin: „Wir nannten uns bewusst ‚Juden in Deutschland‘“

Rechtfertigungszwang, DDR-Erinnerungen, Fluchtbewegungen: Eine Ausstellung in der Neuen Synagoge zeigt Facetten des jüdischen Berlin. Auch Nicht-Juden kommen zu Wort.

Vor 350 Jahren gründeten Jüdinnen und Juden offiziell eine Gemeinde in Berlin, 1700 Jahre lang hat es bereits jüdisches Leben in Deutschland gegeben. Doch welche Bedeutung hat das jüdische Berlin für jede:n von uns heute – und welche Geschichten sind damit verbunden? Eine Antwort darauf will die neu eröffnete Ausstellung „Jüdisches Berlin erzählen. Mein, Euer, Unser?“ in der Neuen Synagoge in Mitte liefern.

Jüdische und nicht-jüdische Berliner:innen sind dem Aufruf der Stiftung Neue Synagoge „Und was ist Ihr jüdisches Berlin?“ gefolgt und meldeten sich mit Fotos, Gemälden und Familienbiografien zurück. Die dazugehörigen Exponate sind in transparenten Kästen zu sehen, montiert an einer Ausstellungswand. Daneben kommen Teilnehmende in unkommentierten Interviewprotokollen zu Wort.

So erzählt die Berliner Jüdin Marion Schuber (geb. Salomon) von ihrem Leben in Westberlin in den 60er und 70er Jahren: „Im Jugendzentrum gab es getrennte Cliquen. Ich gehörte zu den Zurückgekehrten, den ‚deutschen Juden‘ – auch wenn wir uns bewusst ‚Juden in Deutschland‘ nannten. Es fiel schwer, sich hier eine Zukunft vorzustellen. Wir fühlten Rechtfertigungszwang gegenüber Jüdinnen und Juden in Israel oder Amerika.“

Zu sehen ist zum Beispiel auch eine Tasche in Regenbogenfarben, auf dem ein weißer Davidstern prangt. Sie stammt von einer Berlinerin, die in der jüdischen Community wegen ihrer queeren Identität auf Ablehnung stößt – und in der linken Szene wegen ihrer zionistischen Haltung.

Gekrönt wird die Ausstellung von einer Videoinstallation, in der Berliner:innen von jüdischen Welten erzählen. Dabei kommen fünf hochkant aufgestellte Bildschirme zum Einsatz. Unter den Interviewten ist auch Schauspielerin und Sängerin Jalda Rebling, die von ihrem Leben als jüdische Tochter eines Künstlerehepaars in der ehemaligen DDR berichtet.

Die eine jüdische Geschichte abzubilden, war kein Ziel

Die Bandbreite jüdischen Lebens ist enorm groß in der zwei Räume umfassenden Ausstellung: Sie streift postsowjetische Migrationsbewegungen, jüdische Künstler:innen der 20er Jahre und auch Erinnerungen an die Shoah.

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Kuratiert haben diese vielen Einsendungen die Direktorin der Stiftung Neue Synagoge Anja Siegemund, die Kulturwissenschaftlerin Eva Lezzi und die Kunsthistorikerin Stefanie Höpfner. Den Anspruch, mit diversen Ausschnitten die eine jüdische Geschichte zu dokumentieren, haben sie in weiser Voraussicht erst gar nicht formuliert. Gelungen ist ihnen die Auswahl in der Ausstellung allemal – denn sie werden der Vielfalt jüdischer Identitäten gerecht.

Ausstellung „Jüdisches Berlin erzählen. Mein, Euer, Unser?“, bis 12. Juni 2022 in der Neuen Synagoge in Berlin. Öffnungszeiten bis April: Sonntag bis Donnerstag von 10 bis 18 Uhr, Freitag 10 bis 15 Uhr.

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