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Mahnt zur Erinnerung. Angela Merkel (CDU) begrüßt die Gäste in der Staatsoper.

© Odd Andersen/dpa

Auschwitz-Gedenken mit Beethoven: Staatsoper erinnert an Opfer und Helden des Holocaust

Die Bundeskanzlerin und der polnische Ministerpräsident leiten das Gedenken in der Staatsoper ein. Danach ertönen Stücke von Schönberg und Beethoven.

Am Tag des Gedenkens an den 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz erinnert das Konzertprogramm der Staatsoper Unter den Linden zunächst an einen Akt innerer Befreiung des jüdischen Volkes.

Es geht um die Niederschlagung des Aufstandes im Warschauer Ghetto 1943, diesen großen Widerstandsakt während der deutschen Besatzung Polens, dem Arnold Schönberg mit dem Melodram „A Survivor from Warsaw“ ein Denkmal gesetzt hat.

Diese knappe Komposition von wenigen Minuten, zwölftönig, gilt als eine der wichtigsten Auseinandersetzungen mit dem Holocaust in der Kunst. Ein Erzähler, der sich retten konnte, ist Augenzeuge.

Thomas Quasthoff rezitiert die Partie mit beherrschter Emphase. Sich erinnernd, spricht dieser Überlebende in englischer Sprache, dann im Berliner Jargon des Feldwebels. Trompetenfanfare, Appell, Befehl zum Abzählen, gefangene Juden, für das Vernichtungslager bestimmt.

Dramatisch erregte, sich steigernde Form: Alles zielt auf den Schluss, an dem der Männerchor in hebräischer Sprache das „Schema Yisrael“ anstimmt. Dieses Unisono intonieren die Herren des Staatsopernchores majestätisch, bevor das quasi mitkomponierte Schweigen folgt.

Die erschütternde Realistik des Grauens in diesem Werk, die Erlösung durch das Lied, mit dem die Gefangenen in den Tod gehen, unterstreicht eine innere Dramaturgie des Konzerts. Dessen Erlös geht an die Auschwitz-Birkenau-Foundation.

Ehe sie im Rang Platz nehmen, um gemeinsam der Musik zu lauschen, leiten Bundeskanzlerin Angela Merkel und der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki den Abend mit Grußworten ein.

Merkel wendet sich an Margot Friedländer im Publikum und betont dann, dass man aller Opfer gedenke: der sechs Millionen Juden, der Sinti und Roma, Behinderten, Homosexuellen, politischen Gefangenen und auch der polnischen Opfer der deutschen Besatzung.

Das Orchester brilliert

Morawiecki fordert, offen über „das schwierige Kapitel unserer gemeinsamen Geschichte“ zu sprechen. Im Programmheft äußert sich Barenboim als Generalmusikdirektor der Staatsoper und als Jude in Deutschland, der „heute wieder voll Sorge“ wegen des „hochgefährlichen neuen Antisemitismus“ in diesem Land lebt. Dennoch liebt er hier Literatur, Philosophie, Musik.

Um in einem Interview hinzuzufügen: Beethoven bleibe ein Symbol für das Beste der deutschen Kultur.

Und so musiziert er mit der Staatskapelle Beethovens „Sinfonia eroica“ mit dem Streben nach Weite und Intensität.

In großer Streicherbesetzung brilliert das Orchester, herrliche Violinen, die Streicher- und Bläserchöre im Trauermarsch gesanglich-dramatisch modelliert und abgestimmt.

Nach dem Scherzo geht Barenboim attacca ins Finale, um auch hier im vitalen Kontrapunkt vor dem zündenden Presto noch einmal die langsamen Wunder der Musik zu entdecken.

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