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Pferdekopf von Waldgirmes, aus der Zeit zwischen 4 vor Christus und 16 nach Christus.

© Landesamt für Denkmalpflege Hessen, hessenARCHÄOLOGIE, Foto: Pavel Odvody

Archäologie-Ausstellung im Gropius Bau: Der Hengst aus dem Brunnen

Östlich des Limes siedelten die Römer. Das beweist ein Pferdekopf aus Waldgirmes, der jetzt im Berliner Gropius Bau ausgestellt ist.

Fehlt nur noch, dass er wiehert. Lebensgroß blickt der prächtig verzierte Hengstkopf aus vergoldeter Bronze uns an, ein Sensationsfund aus Lahnau-Waldgirmes in Hessen, der erstmals am 19. August auf der Saalburg ausgestellt wurde. Nun ersetzt er als Spitzenstück der Archäologie-Ausstellung „Bewegte Zeiten“ im Gropius Bau die Himmelsscheibe von Nebra, die jetzt nur noch in einer sehr guten Kopie zu sehen ist. Dass der Kopf in Waldgirmes gefunden wurde, ist die eigentliche Sensation, ganz abgesehen vom sehr guten Zustand und der handwerklichen Qualität.

Von 1993 bis 2009 haben Archäologen der Römisch-Germanischen Kommission Frankfurt und des Landesamtes für Denkmalpflege in Wiesbaden eine große römische Anlage östlich des Limes ausgegraben. Man kennt bisher nur Militärlager östlich des Limes, doch als die Archäologen plötzlich beim Graben auf einen Platz im Zentrum stießen, der außerdem noch sie steinernen Fundamente einer großen Basilika vorwies sowie fünf Gruben für Postamente, war klar, dass es sich um ein Forum handeln muss. Das heißt, die Siedlung ist eine zivile, wahrscheinlich ein Verwaltungszentrum, weit weg vom schützenden Limes gebaut, zu Zeiten der augustäischen Okkupation um die Zeitenwende. Das war die erste Sensation.

Der Pferdekopf muss zu einer Reiterstatue gehört haben

Im letzten Jahr der Grabungskampagne hatte man einen elf Meter tiefen Brunnen ausgegraben. Unter allerlei Holzwerkzeug sowie acht Mühlsteinen fand man auf dem Boden eines Fasses einen Schlammklumpen, in dem sich – wunderbar von der Luft abgeschlossen – der Pferdekopf befand. Schnell war klar, dass dieser vergoldete Pferdekopf zu einer Reiterstatue gehört haben muss, zumal auf dem Fass ein Schuh aus Bronze lag, der von einer zweiten Statue stammt. „Damit erklärten sich auch die über 200 kleinen Bronzefragmente – Locken, Pferdebeine, Gewandfragmente – die wir in der Siedlung gefunden haben und die zu diesen möglichen fünf Reiterstatuen gehört haben müssen“, sagt Carsten Amrhein, Direktor der Saalburg. Diese perfekt gearbeiteten Statuen wurden gewiss nicht in Waldgirmes gegossen, sondern eher in Italien und dann nach Germanien transportiert, wo die Teile von Wanderarbeitern zusammengeschweißt wurden. Damit verbinden sich die vier Themen der Ausstellung – Mobilität, Austausch, Konflikt und Innovation – exemplarisch in einem Objekt.

Unruhen nach der Varusschlacht im Teutoburger Wald

Um 7 nach Christus wurden die Statuen aufgestellt und im Jahre 9 unwiderruflich zerstört und im Brunnen deponiert. Wahrscheinlich war es in der Siedlung nach der Varusschlacht im Teutoburger Wald zu Unruhen und Zerstörungen gekommen. Später wurden die Schäden in der Siedlung repariert, aber die Statuen nicht mehr aufgestellt. 16 nach Christus wurde die Siedlung von den Römern verbrannt, geschleift und aufgegeben. Warum der Kopf im Brunnen deponiert wurde, weiß man nicht. Man kann jetzt aber davon ausgehen, dass diese zivile Siedlung nicht die einzige östlich des Limes gewesen sein wird.

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