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Die Geigerin Anne-Sophie Mutter spielt am 20.03.2011 in der Stadthalle von Wehr (Kreis Waldshut) bei der Probe zu einem Benefizkonzert. Die Geigerin gastiert am 05.09.2015 in der Reithalle des Landgestüts Redefin. Foto: +++(c) dpa - Bildfunk+++ | Verwendung weltweit

© dpa/Patrick Seeger

Anne-Sophie Mutter und Daniel Barenboim: Die Zärtlichkeit von Giganten

100 Jahre Konzert-Direktion Hans Adler: Ein Festkonzert mit Anne-Sophie Mutter und Daniel Barenboim in der Philharmonie.

Dreimal nachgerechnet, kaum zu glauben, aber es stimmt: Zusammen sind die beiden Feuerköpfe auf dem Podium nicht älter als 131 Jahre: Anne-Sophie Mutter, Daniel Barenboim – zwei Alphatiere im klassischen Musikgeschäft, zwei Meister ihres Faches. Und doch, auch das ist unglaublich: Noch nie sind sie gemeinsam als Duo aufgetreten. Für diesen Abend jedoch, in der ausverkauften Philharmonie, zum Jubiläumskonzert aus Anlass des hundertjährigen Geburtstags der Konzert-Direktion Hans Adler, taten sie sich zusammen, um drei Sonaten für Violine und Klavier vorzutragen, aus drei Epochen. Die Philharmonie ist so gut wie ausverkauft, und fürs Protokoll sei festgehalten: Der Bundespräsident sitzt in Block A unter den Ehrengästen, nebst Entourage.

Zum festlichen Adagio, mit dem Wolfgang Amadeus Mozart seine G-Dur-Sonate KV 379 einleitet, wird ein schier staatstragend langsames Tempo vorgelegt. Fast tönt das wie ein Motto, passend zum Anlass, auf jeden Fall aber steht es in scharfem Kontrast zum Moll-Allegro. Barenboim liebt solcherart Extreme: sehr langsam, sehr schnell. Ohnehin ist er der Vom-Blatt-Spieler, Mutter, im Gegenteil, die ordnungsliebende Beherrschte, die jede Phrase, selbst extemporierte Verzierungen makellos-delikat durchgestaltet. Er schleppt, sie treibt. Was nicht ohne Risiko ist. Es kommt zu kleinen Irritationen, ja sogar zu einer echten Warmspiel- Panne. Nun ist freilich in Barenboims anderthalb falschen Tönen immer noch mehr Leben drin als in den hundertprozentig richtigen anderer großer Pianisten. Und Anne-Sophie Mutter, die so viel Eigendynamik von ihren gewohnten Klavierpartnern kaum kennen mag, gibt ihre Zurückhaltung nach und nach auf. Der gebundene Stil, das liebliche, niemals abreißende Legatospiel ist ohnehin beider unzeitgemäße Stärke. Spätestens im finalen Variationensatz, bei dem das absteigende Chaconnethema ausnahmsweise nicht im Bass liegt, sondern in hoher Lage der obligaten Violine anvertraut ist, finden sie zu beglückendem Miteinander.

Schließlich doch: ein großer Abend

Mit der „Regenlied“-Sonate G-Dur op. 78 von Johannes Brahms, darin die Rollen ohnehin neu und anders verteilt sind, bricht dann doch das an, was man einen großen Abend nennt. Mutters pastellfarbener Violinenton blüht auf, sie leistet sich stilsichere Espressivoausbrüche, altmodische Portamenti, Barenboim swingt, das Klavier tanzt und singt. Schließlich: Die A-Dur-Sonate von César Franck, das Lieblingsstück aller, die sturmerfüllte, leidenschaftliche, rubatoselige Hochzeitssonate für seinen Freund Eugène Ysaÿe. Eine Apotheose der hohen Romantik, dargeboten mit der Zärtlichkeit von Giganten! Es reißt die Leute hin zu Zwischenapplaus. Das ist wahrscheinlich das einzige, was Jutta und Witiko Adler in all den Jahren, die sie als private Unternehmer die Berliner mit ausgezeichneten Künstlern versorgt haben, nie zu voller Zufriedenheit geschafft haben: die Erziehung des Publikums. Wem’s gefällt, der klatscht, zur Not auch zwischen den Sätzen. Basta.

Anschließend wurde gefeiert, im Vorgriff auf den eigentlichen Stich- und Gründungstag der Konzert-Direktion, der am 1.Oktober fällig ist. Sowohl Mutter wie auch Barenboim sind langjährige Adler-Künstler. Barenboim wurde mit 21 von Witiko Adler erstmals nach Berlin geholt, Anne-Sophie Mutter mit 13. Was die finanzielle Bilanz dieses Benefiz-Konzerts angeht, dessen Erlös aufgeteilt werden soll zwischen der Mutter-Stiftung und der Barenboim-Stiftung zur Förderung junger Musiker, so fiel sie besser aus als erwartet. Nicht 120 000 Euro, wie in der Presseerklärung vorab angekündigt, sondern mehr als 130 000 Euro sind zusammenkommen.

Von Eleonore Büning

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