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Traumpaar der Oper. Anna Netrebko und Yusif Eyvazov.

© Vladimir Shirokov

Anna Netrebko und Yusif Eyvazov in Berlin: Sündhaft teuer, traumhaft schön

Szenen einer ganz besonderen Ehe: Die Super-Primadonna Anna Netrebko und ihr Mann, der Tenor Yusif Eyvazov, begeistern in der Philharmonie.

Ja, sie sind wirklich das „Traumpaar der Oper“. Denn seit seiner Heirat mit Anna Netrebko im Dezember 2015 arbeitet Yusif Evyazov intensiv daran, mehr zu sein als der Mann an ihrer Seite, das Anhängsel einer Super-Primadonna, das man dazu buchen muss, um den Sopranstar zu bekommen.

Als sie sich kennenlernten, war der aserbaidschanische Tenor vor allem ein Sänger mit lautem Organ. Mittlerweile aber verfügt er über deutlich verfeinerte Fähigkeiten. Sein persönlicher Stimm-Coach begleitet das Paar sogar auf den Tourneen, Anna Netrebko nennt ihn liebevoll „die Nanny“. Und auch äußerlich ist Yusif Eyvazov nicht immer eine so attraktive Erscheinung gewesen wie heute.

Toll sieht er am Montag auf der Philharmonie-Bühne aus in seinem perfekt sitzenden Frack. Und er singt ebenso.

In der Arie des Alvaro aus Verdis „Macht des Schicksals“ nimmt sich die Zeit, um die Worte auszuleuchten, Details hervorzuheben. Viril klingt sein Tenor, das Italienisch ist makellos. Stilsicher und elegant wird seine Phrasierung auch in den weiteren Verdi-Werken sein, denen die gesamte erste Hälfte des Konzertes gewidmet ist.

Dieses medial gehypte Opern-Duo ist also mehr als ein Yellow-Press-Phänomen – und doch bleibt „La Netrebko“ natürlich das Zugpferd, wenn es darum geht, sündhaft teure Tickets zu verkaufen. Beim Berlin-Gastspiel kann man ab 110 Euro dabei sein, die besten Plätze kosten 430 Euro.

Tolle orchestrale Begleitung

Dafür begleitet dann auch nicht irgendein No-Name-Orchester, sondern die Berliner Symphoniker, die unter der Leitung von Jader Bignamini die Solisten ebenso aufmerksam wie klangschön unterstützen und auch in den rein instrumentalen Nummern glänzen.

Ohne die übliche Ouvertüre geht es los – und der gut gefüllte Saal hält den Atem an, wenn Anna Netrebko in einer glutrot leuchtenden Tunika die Szene betritt. Nach der Pause wird es spontanen Applaus für eine schwarz-weiße Robe im Marmorlook geben.

In der Elisabetta-Arie aus dem „Don Carlo“ kann sie sofort ihre ganze Kunst zeigen: Diese unübertroffene vokale Fülle, raumgreifend im tiefen Register, das sie guttural verschatten kann, diese absolut frei strömende, leuchtende Höhe.

Sie singen ganz große Liebesduette

Wie sie mühelos weiteste Melodiebögen spannt, wie virtuos sie Töne anschwellen und dann wieder zurücknehmen kann, mit welcher Selbstsicherheit sie im feinsten Pianissimo einsetzt, das ist derzeit unerreicht.

Und Anna Netrebko denkt an ihre Fans, die sie in der Weinberg-Architektur der Philharmonie ja von allen Seiten umringen: Während der Arien wendet sie sich mal hierhin, mal dorthin – und bleibt dabei sogar dann noch textverständlich, wenn sie einem den Rücken zudreht.

Schwermütig und düster sind die Sujets der Verdi-Nummern, im 2. Teil wird es bei Puccini sentimentaler, erst ganz zum Schluss lässt sich die Sopranistin in Leoncavallos „Mattinata“ dann auch einmal zu tändelnder Heiterkeit hinreißen.

Das Besondere an diesem Abend aber sind die gemeinsamen Szenen, die das Ehepaar Netrebko-Eyvazov bietet: Statt sich mit dem klassischen Du-ein-Hit-ich-ein-Hit-Schema zu begnügen, singen sie gleich mehrere ganz große Liebesduette, Viertelstünder, die die volle Aufmerksamkeit des Publikums fordern.

Beim fatalen Finale aus „Aida“, bei der Eifersuchtsszene in der Kirche aus „Tosca“, beim Hände- und Herzen-Wärmen aus „La Bohème“ aber wird auch überdeutlich, wo man Anna Netrebko und Yusif Eyvazov ganz bald wiedersehen möchte: in Kostüm und Maske, auf der Bühne eines Berliner Opernhauses.

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