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Fragment eines Gefäßes Neues Reich, 18. Dynastie, 1351-1334 v. Chr.; blau bemalte Keramik mit floralen Motiven. Schenkung James Simon. Das typische Amarna-Blau ist deutlich zu erkennen, aber auch die Schäden an der Oberfläche.

© Staatliche Museen zu Berlin, Foto: Sandra Steiß

Amarna und Berlin: Hat Echnaton gelächelt?

Die Amarna-Sammlung des Ägyptischen Museums ist durch die Arbeit der Restauratoren gewachsen – aus Scherben wurden neue Objekte gewonnen.

Als die Stadt Achet-Aton am mittleren Nil aufgegeben wurde, hatte man alle wertvollen Objekte mitgenommen. Was Ludwig Borchardt 1912 und in den folgenden Jahren entdeckte, waren die Objekte, die man zurückgelassen hatte. Daher sind es vor allem kleinteilige Funde, die nun in der Ausstellung „Im Licht von Amarna. 100 Jahre Fund der Nofretete“ zu sehen sein werden. Insgesamt 600 Objekte werden in den Ausstellungsräumen rund um Nofretete im Neuen Museum gezeigt.

Das erforderte einiges an Aufwand und Forschungsarbeit. Alle Objekte des Depots wurden gesichtet, nummeriert und inventarisiert. „An Amarna-Objekten ist natürlich schon immer geforscht worden, aber dann eher punktuell zu bestimmten Ausstellungen, die es auch schon in der Schlossstraße in Charlottenburg am alten Standort gab“, erzählt Keramik-Restauratorin Nina Loschwitz im Depot in den Museumshöfen gegenüber der Museumsinsel. „Früher hatte man das gemacht, was notwendig war. Jetzt, zur Jubiläumsausstellung, haben wir Extra-Mittel bekommen, um die Funde intensiver zu bearbeiten. Neu daran ist die schiere Menge, die wir jetzt untersucht haben. So sind wir auch in der Lage gewesen, kleinere Objekte zu sichten und zu bearbeiten.“ 5500 Objekte wurden angeschaut, um letztendlich 600 auszustellen. Durch diese Vielzahl soll vor allem die Alltagskultur von Amarna gezeigt werden. Aber es gebe immer noch Reste, die nicht zugeordnet sind. Die Kriegswirren hatten einiges durcheinandergebracht.

Für das Ausstellungsprojekt wurde vor allem die blau bemalte Keramik, für die Amarna berühmt ist, untersucht. „Ich habe mir auf sieben Tischen alle blauen Scherben ausgelegt und versucht, zusammenzusetzen, was passt. Dazu gab es von der Grabung her schon viele geklebte, fast vollständige Gefäße“, erzählt Nina Loschwitz.

Das typische Kobaltblau von Amarna wurde gebrannt

Keramikrestauratorin Nina Loschwitz im Depot des Ägyptischen Museums mit unbemalter Amarna-Keramik.
Keramikrestauratorin Nina Loschwitz im Depot des Ägyptischen Museums mit unbemalter Amarna-Keramik.

© Rolf Brockschmidt

Das archäologische Puzzle bestand nun darin, aus den zahlreichen uninventarisierten Scherben neue Gefäße oder Teilgefäße zusammenzusetzen. So sind in etwa 40 neue Objekte in die Sammlung gekommen. „Ich konnte auch die halbfertigen Gefäße, die auf der Grabung vor 100 Jahren schon zusammengefügt worden waren, durch weitere Scherben ergänzen. Zuvor mussten aber die alten Klebestellen erneuert werden“, erzählt Loschwitz. Bereits in ihrer Diplomarbeit hatte sie sich mit der blauen Keramik von Amarna beschäftigt. War die Bemalung gebrannt oder war sie kalt aufgetragen worden? In ihrer Arbeit hatte sie die Kaltbemalung dann doch ausgeschlossen.

Mit Hilfe einer Keramikerin aus Leipzig wurde versucht, das typische Kobaltblau von Amarna nachzubrennen. Im Rathgen-Forschungslabor der Staatlichen Museen zu Berlin wurden bemalte Scherben untersucht, Kobaltblau muss daher mit dem Aluminium im Ton beim Brennen reagiert haben. Nun kam es darauf an, das richtige Verhältnis dieser beiden Stoffe herauszufinden. Außerdem wurde der Ofen möglichst originalgetreu nachgebaut. Zudem versuchte man, die Brenntemperatur einzuhalten. Das Ergebnis kann sich sehen lassen.

„Es ist eine Möglichkeit, wie es gewesen sein könnte“, sagt Nina Loschwitz mit aller Vorsicht. Damit ist für sie bewiesen, dass das berühmte Blau von Amarna gebrannt wurde. „Das Blau ist in Amarna durch seine schiere Masse auffällig. Es wurde aber schon vorher und auch danach gefertigt. Vielleicht ist es sogar eine Idee aus Zypern oder der Levante. Man hat dieses Kobalt ja auch schon für Glas eingesetzt.“ Im Prinzip hat Nina Loschwitz nur die Scherben zusammengefügt, die vorhanden waren, Ergänzungen hat sie keine vorgenommen, höchstens dort, wo die Stabilität sonst nicht gewährleistet gewesen wäre. Manche Gefäße mussten zudem noch gehärtet werden. Bei ihnen löste sich das Material in Schollen ab, auch manche Fayenceperle, deren Oberfläche schon angegriffen war, musste gehärtet werden. Darüber hinaus hat Nina Loschwitz Perlen neu aufgefädelt und so zu vorzeigbaren Schmuckstücken gestaltet.

Die unbemalte Keramik ist teilweise mit Blütenkränzen verziert worden, das weiß man durch Pflanzenspuren aus der Grabung. Mit Hilfe von Wandmalereien hat eine Mitarbeiterin des Botanischen Museums mit speziell getrockneten Pflanzen diese Blütenkränze zum Teil rekonstruiert. Sie werden in der Ausstellung unbemalte Gefäße schmücken.

An unbemalter Keramik mangelt es im Depot nicht. „Wir haben noch viele Scherben, die bisher nicht wieder zusammengefügt wurden“, sagt Nina Loschwitz. Damit bleibt nun genügend Arbeit für die Zeit nach der großen Jubiläumsausstellung.

Experimente am 3D-Modell

Steinrestaurator Paul Hofmann in seiner Werkstatt im Archäologischen Zentrum der Staatlichen Museen mit dem 3D-Scan Echnatons.
Steinrestaurator Paul Hofmann in seiner Werkstatt im Archäologischen Zentrum der Staatlichen Museen mit dem 3D-Scan Echnatons.

© Mike Wolff

Steinrestaurator Paul Hofmann hat sein Meisterwerk schon ins Neue Museum abgegeben. Er hatte die Aufgabe, die bereits zerstört aufgefundene Büste von Echnaton wieder in den Zustand zur Zeit des Fundes 1913 zurückzuversetzen. Während der Auslagerung in die Sowjetunion hatte der ohnehin arg ramponierte Kopf weitere Schäden erlitten, vor allem an der Stirn und am Mund. Mit Hilfe eines 3D-Scans, den das 3D-Labor des Instituts für Mathematik der TU Berlin hergestellt hatte, konnte Hofmann nun an einer Kopie die knifflige Aufgabe lösen, Echnaton seine Lippen zurückzugeben. Lächelt er, lächelt er nicht? Einzige Vorlage waren die Fotos von vor 100 Jahren, die aber natürlich in schwarzweiß.

„Mit einem 3D-Plot kann man spielen und experimentieren, und man muss das Original nicht anfassen“, sagt er – ein perfektes Werkzeug für einen Restaurator. Die Zerstörung war damals nach Verlassen der Stadt gewollt. „Ich kann eindeutig anhand der Bruchkanten beweisen, dass es Vandalismus war, der diesem Kopf so zugesetzt hatte. Ja, es muss ein Rechtshänder gewesen sein“, so Hofmann.

Der Restaurator zeigt sich begeistert von der neuen Werkstatt im Archäologischen Zentrum. „Ich habe Echnaton auch schon einmal auf den Hof gefahren, um unter natürlichem Licht die Farbe des Mörtels abzustimmen. Das sind ideale Bedingungen zum Arbeiten.“

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