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Die russische Geigerin Alina Ibragimova.

© Eva Vermandel

Alina Ibragimova im Konzerthaus: Die Leidenschaftliche

Große Gefühle: Alina Ibragimova, Nils Mönkemeyer und Freunde spielen im Konzerthaus Klavierquartette von Mahler, Mozart und Brahms.

„Ein Spiel mit ernsten Problemen. Das ist Kunst.“ Hat Kurt Schwitters gesagt. Einer, der in diesem Spiel ziemlich frühreif war, ist Gustav Mahler. Schon mit 16 Jahren schrieb er Kammermusikwerke, die selbst bei seinen Professoren Aufsehen erregten. Leider blieb lediglich ein einzelner Klavierquartettsatz von diesen frühen Heldentaten übrig. Den spielen beim Haus- Konzert im Konzerthaus am Mittwoch die Geigerin Alina Ibragimova, der Bratschist Nils Mönkemeyer, der Cellist Christian Poltéra und der Pianist William Youn mit angemessener Vehemenz. Die ganz große Geste, das geysirhaft aufschießende Gefühl – selbst in diesem noch ganz der Romantik verhafteten Opus zeigt sich schon das Genie, das später als Interpret wie Komponist austesten wird, wie weit sich Grenzen verschieben lassen.

Enorme Energien entladen sich anschließend auch bei Mozarts 1785 entstandenem g-Moll-Klavierquartett sowie bei Brahms’ fast genau 100 Jahre später geschriebenem Opus 60, seinem dritten Beitrag zum Genre. Mit geradezu raubtierhafter Körperspannung reagieren die Streicher aufeinander, Alina Ibragimova ist dabei die Leidenschaftliche mit dem wunderbar leuchtenden, sanglichen Geigenton, Nils Mönkemeyer der Charismatiker, der auf seiner Bratsche noch der scheinbar nebensächlichsten Mittelstimmen-Floskel Bedeutung verleihen kann. Und Christian Poltéra sorgt, als Erfahrenster in diesem exquisiten Solisten-Vierer, ruhig-souverän für Impulse aus dem tiefen Register.

Neben diesen drei Führungspersönlichkeiten bleibt William Youn enttäuschend blass. Was nicht daran liegt, dass sein Bechstein-Flügel aus Platzgründen auf der Bühne des kleinen Saals hinter den Streichern platziert ist. Er ist stets gut zu hören, auch in den leisen Passagen – nur legt er dort eine merkwürdige artikulatorische Schlaffheit an den Tag. Die soll wohl besondere Sensibilität signalisieren, führt aber dazu, dass die Phrasierung unklar wird, der nachvollziehbare Puls fehlt, das Atmen mit der Musik. Erst wenn er laut Partitur dann wieder kräftig in die Tasten greifen darf, kann er zum hohen Emotionslevel seiner Mitstreiter aufschließen.

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