zum Hauptinhalt
Afghanistan, Kabul: Auf diesem Bild des U.S. Marine Corps begutachten Marines der 24th Marine Expeditionary Unit und deutsche Militärangehörige ein Einfahrtstor am Hamid Karzai International Airport in Kabul, Afghanistan, Donnerstag, 19. August 2021.

© dpa

Afghanistan in der Literatur: Ferne Feuer und Vögel

Von Amy Waldman über Dirk Kurbjuweit bis zu William T. Vollmann: Wie sich die Gegenwartsliteratur mit dem Krieg in Afghanistan auseinandergesetzt hat.

Es waren Bilder des Schreckens, die man seit zwei Wochen aus Afghanistan zu sehen bekam; Bilder, die nah an das Geschehen vor allem vor und auf dem Flughafen Kabul heranzoomten und dazu aufforderten, sich mit Afghanistan zu beschäftigen.

Doch selbst wenn man jetzt gebannt Text für Text über das Land, über die Taliban und die Rolle der USA und ihren europäischen Verbündeten in den Zeitungen liest, Bericht für Bericht darüber verfolgt, wie es nach dem Ende des auch humanitären Engagement für das Land weitergeht, täuscht das nicht darüber hinweg, dass Afghanistan in den vergangenen Jahren eher selten im medialen Fokus stand. 

Wenn, dann vor allem bei Terroranschlägen und Kriegsgefechten, in denen US-Soldaten oder solche der internationalen Truppen ums Leben kamen.

Sachbücher über Afghanistan nach dem Eingreifen der USA nach 9/11 hat es zwar durchaus viele gegeben. Im Bereich der belletristischen Literatur hingegen sieht es mau aus – abgesehen von den regelmäßig erscheinenden Romanen des 1962 in Kabul geborenen, seit 1984 in Frankreich lebenden Atiq Rahimi und des 1965 ebenfalls in Kabul geborenen, nach dem Einmarsch der Sowjets 1979 in die USA geflohenen Arztes und Schriftstellers Khaled Hosseini („Der Traumsammler“).

Kurbjuweit schrieb über drei Soldatinnen

Gerade die deutschsprachige Gegenwartsliteratur, aber genauso die angloamerikanische, hat sich schwer getan mit Afghanistan und dem Krieg, bei dem auch 53 deutsche Soldaten gefallen sind.

Zuletzt war es die amerikanische Journalistin Amy Waldman, die sich in ihrem 2020 auch ins Deutsche übertragenen Roman „Das ferne Feuer“ des Landes und insbesondere der Stellung der Frauen in einer zutiefst patriarchalisch Gesellschaft annahm; aus Deutschland dagegen versuchten sich ausschließlich Männer an einer Inspektion Afghanistans und dem Einsatz der Bundeswehr dort.

Von Dirk Kurbjuweit, der 2005 als „Spiegel“-Reporter mit einem Konvoi der Bundeswehr von Kunduz nach Faizabad unterwegs war, erschien 2011 „Kriegsbraut“. Dieser Roman beschäftigte sich ziemlich konkret mit dem Afghanistan-Alltag der deutschen Soldaten und den Auswirkungen auf ihre Psyche, im übrigen aus der Perspektive von drei Soldatinnen.

Linus Reichlin ließ in seinem Roman „Das Leuchten in der Ferne“ 2013 einen Kriegsreporter in eine Taliban-Gruppe geraten und mit dieser – gezwungenermaßen – umherziehen. Und Rainer Merkel gestand in seinem Buch „Das Unglück der Anderen“ nach einem Besuch als „eingebetteter“ Schriftsteller, nur wenig gesehen zu haben – außer, wie er es formuliert hat, den „Realitätsaufbereitungsprogrammen“ auf den Monitoren in den Lagern und Fahrzeugen der Soldaten.

Vollmann war Anfang der achtziger Jahre in Afghanistan

Noch konsequenter ist Norbert Scheuer 2015 in seinem Roman „Die Sprache der Vögel“ gewesen. Eine seiner Figuren, der junge Paul Arimond, meldet sich zu einem Einsatz in Afghanistan. Scheuer, der nie dort war, hat in seinem Roman gar nicht erst den Versuch gemacht, politische Hintergründe zu analysieren oder die kriegerischen Umstände zu beschreiben: Paul Arimond versenkt sich fast ausschließlich in die Vogelwelt des Landes.

Viel mehr Schriftsteller oder Schriftstellerinnen haben sich nicht an die komplizierten Verhältnisse am Hindukusch gewagt. Genannt sei noch John Wray, dessen Roman „Gotteskind“ von einer Frau erzählt, die sich in Pakistan als Mann ausgibt, den Taliban anschließt und in den Wirren des afghanischen Krieges landet.

Und dann ist da noch William T. Vollmanns früher, mitunter seltsam-verwegener Report „Afghanistan Picture Show“, 2003 auf Deutsch erschienen. Tatsächlich war Vollmann Anfang der achtziger Jahre in Afghanistan und hatte sich seinerzeit den Mudschaheddin im Kampf gegen die Sowjets angeschlossen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false