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Zahi Hawass.

© dpa

Ägypten: Hawass ist nicht mehr Chef-Archäologe

Deutschland muss die berühmte Nofretete-Büste an Ägypten zurückgeben - mit dieser Forderung sorgte Zahi Hawass regelmäßig für Schlagzeilen. Jetzt ist Ägyptens oberster Archäologe seinen Job los.

Er galt als umtriebiger Lobbyist für das antike Erbe Ägyptens - doch seine Nähe zum gestürzten Präsidenten Hosni Mubarak kostete ihn nun seinen Job. Zahi Hawass, seit 2002 Chef der ägyptischen Altertümerverwaltung, wurde bei der jüngsten Regierungsumbildung am Wochenende übergangen, berichteten Zeitungen in Kairo am Montag. Mit seiner regelmäßig wiederholten Forderung nach Rückgabe der weltberühmten Nofretete-Büste aus dem Neuen Museum in Berlin hatte Hawass auch in Deutschland Schlagzeilen gemacht.

Mubarak hatte den 63-jährigen Herrn über die Pyramiden, Königsgräber und Ausgrabungsstätten des Nillands noch am 31. Januar zum Chef des neu geschaffenen Ministeriums für Altertümer ernannt. Doch der Staatschef musste am 11. Februar nach 18-tägigen Massenprotesten gegen sein Regime den Platz räumen. Der neue Interims-Regierungschef Essam Scharaf berücksichtigte Hawass bei seiner letzten Regierungsumbildung nicht mehr. Zum neuen Kultusminister mit Zuständigkeit auch für die Altertümer ernannte er den Universitätslehrer Emad Abu Ghazi, den bisherigen Generalsekretär des staatlichen Obersten Kulturrates.

Mit seinem Indiana-Jones-Schlapphut und einem besonderen Geschick für wirkungsvolle Medienauftritte war es Hawass gelungen, sich auch international als "Marke" zu etablieren. Der studierte Ägyptologe und Archäologe hatte früher als Inspektor an ausländischen Grabungskampagnen in seiner Heimat teilgenommen. Als Chef-Archäologe seines Landes leitete er regelmäßig Grabungen an den wichtigsten Orten des alten Ägyptens - in Theben, Luxor, Giseh und Sakkara. "Für mich ist die Archäologie nicht nur irgendein Job. Sie verbindet alles, was ich mir nur wünschen könnte: Fantasie, Verstand, Action und Abenteuer", schwärmte Hawass einmal auf seiner Internetseite.

Bei den in Ägypten forschenden ausländischen Archäologen war Hawass wegen seiner selbstherrlichen Art nicht sonderlich beliebt. Allerdings schätzten zumindest einige von ihnen seine Fähigkeit, das Chaos in der Altertümerverwaltung einzudämmen. Kritiker warfen ihm gesteigertes Geltungsbewusstsein und egomanische Führungsmethoden vor. Doch selbst erbitterte Feinde mussten anerkennen, dass er es immer wieder verstand, durch seine mediale Präsenz private Sponsorengelder für Ägyptens Altertümer einzuwerben, die der marode ägyptische Staat nicht mehr zur Verfügung stellen konnte.

Die teuren DNA-Untersuchungen an alten Pharaonen-Mumien wurden etwa zum Großteil vom amerikanischen Wissenschaftskanal Discovery Channel finanziert. Die wissenschaftliche Welt bereicherte dies unter anderen um die Erkenntnis, dass die Eltern des großen Tutanchamun Geschwister waren. Dem deutschen Publikum klang der oberste Hüter der alt-ägyptischen Reichtümer durch seine beständige Forderung nach Rückgabe der Nofretete-Büste in den Ohren. Die 3500 Jahre alte Gipsplastik ist das Glanzstück des Neuen Museums in Berlin.

Nach dem Umsturz in Kairo demonstrierten junge Archäologen tagelang vor Hawass' Altertümerverwaltung. Ob die von ihnen erhobenen Vorwürfe der Vetternwirtschaft und Korruption eine Grundlage haben oder ob die Proteste - wie von dem angegriffenen Chef-Archäologen behauptet - von Neidern und Intriganten in die Welt gesetzt wurden, wird die Zukunft erweisen müssen. Falls ihn kein internationales Angebot locken wird, geht der ägyptische "Indiana Jones" jedenfalls in die Rente. (dpa)

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