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Adolphe Binder, noch Chefin der Compagnie Göteborg.

© dpa

Adolphe Binder leitet das Tanztheater Wuppertal: Im Geiste Pina Bauschs

Vor sieben Jahren ist Pina Bausch gestorben. Jetzt ist eine gefunden, die ihr Erbe antreten könnte: Ab 2017 übernimmt Adolphe Binder die Leitung des Tanztheaters Wuppertal.

Es ist eine der schönsten und schwierigsten Positionen im deutschen Kulturbetrieb – die Leitung des Wuppertaler Tanztheaters. Adolphe Binder wird diese Aufgabe 2017 übernehmen. Eine größere Herausforderung lässt sich kaum denken.

Im Sommer 2009 ist Pina Bausch gestorben, die Gründerin und Leiterin des Wuppertaler Ensembles, das diese Kunstform ausgeprägt und weltweit verbreitet hat: Tanztheater. Pina Bausch wird noch immer überall in der Welt verehrt. Seit ihrem Tod führen der ehemalige Tänzer und Folkwang-Dozent Lutz Förster und Geschäftsführer Dirk Hesse die Compagnie. Hesse erklärt, für ein Tanztheater sei es ungewöhnlich, eine Intendantin zu haben. Es sei aber eine „bewusste Entscheidung“ gewesen, dass die neue Leiterin nicht selbst choreografiere. Binder sei bestens vernetzt. Die Compagnie brauche „eine Person von draußen“, die die Truppe neu profiliere.

Da kommt jetzt eine Frau nach Wuppertal, die immer viel Mut bewiesen hat. Die 46-jährige Adolphe Binder ist künstlerische Direktorin der Danskompani Göteborg, ihre Arbeit in Schweden gilt als erfolgreich. Sie sagt zu ihrer neuen Berufung: „Von dem ikonenhaften Ensemble Pina Bauschs aufgefordert zu werden, es zu leiten, ist wirklich eine Ehre. Mein Herz ist voll und ich freue mich sehr nach Deutschland zurückzukehren.“ Und fügt hinzu: „Ich bin nicht die Nachfolgerin von Pina Bausch.“

Das kann auch niemand wirklich sein oder sein wollen. Schon zu Lebzeiten war Pina Bausch zur Legende geworden. Adolphe Binder ist Dramaturgin und Kulturmanagerin, eben keine Choreografin. Sie will die Truppe in die Zukunft führen, das Bausch-Erbe bewahren und den Generationswechsel fortsetzen. Weiterhin tanzt die Truppe die Stücke von Pina Bausch, es werden inzwischen aber auch neue Stücke anderer Choreografen aufgeführt.

Die in Rumänien geborene und in Deutschland aufgewachsene Adolphe Binder war Dramaturgin an der Deutschen Oper und Tanzchefin an der Komischen Oper Berlin. Man kennt sie hier gut. Sie hatte auch für die Tanzstadt Berlin Ideen, kam aber nicht entscheidend weiter. Das lässt sich auch heute noch sagen: Das Staatsballett Berlin tritt auf der Stelle, die Kulturpolitik versagt bei diesem Thema seit so vielen Jahren.

In Göteborg konnte Adolphe Binder ihre Vorstellungen realisieren. Sie hat dort viele neue Projekte angestoßen und, wie sie sagt, eine Plattform geschaffen, „um relevante Themen zu kommunizieren“. Die Spielzeiten in Göteborg haben jeweils einen Schwerpunkt, „Homeland and Risk Zones“, „Mind & Spirit“ und in dieser Saison „Common Spirit/All Together Now“. Zu ihren Choreografen gehören Sidi Larbi Cherkaoui, Saburo Teshigawara und Constanza Macras.

Die Tänzer waren bei Pina Bausch, und das war umwerfend neu, nicht nur Tänzer und Ballettgeschöpfe, sondern Akteure, die sich auf vielfältige Art und Weise artikulierten. Pina Bausch hatte 1973 Wuppertal übernommen und neue Arbeitsweisen entwickelt. Es war die Zeit der großen Experimente und der Emanzipation. Pina Bauschs Stücke und Choreografien haben Theater- und Tanzgeschichte geschrieben, „Café Müller“, „Kontakthof“, „Blaubart“, „Die sieben Todsünden“. Ihr „Sacre du Printemps“ ist immer noch ein Maßstab. Damals wurde das Wuppertaler Tanztheater zum wichtigsten Kulturexport der Bundesrepublik. Und auch in diesem Frühjahr tourt die Compagnie wieder, von Amsterdam bis Adelaide.

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