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Adam Fischer beim Schlussapplaus in der Philharmonie am 3. Oktober.

© Monika Rittershaus

Adam Fischer und die Berliner Philharmoniker: Von Herzen, zu Herzen

Die Berliner Philharmoniker verwandeln sich unter der Leitung von Adam Fischer in ein Kammerorchester, Julia Lezhneva begeistert mit Koloraturen.

Ein Dirigent, der sich über jeden Einsatz der Musiker sichtlich freut, steht vor den Berliner Philharmonikern: Adam Fischer. Er überträgt seine Begeisterung als Interpret auf das Orchester, ob es um eines der wunderbaren Oboensoli Albrecht Mayers geht, die er auf Händen trägt, oder um wirbelnde Achtelläufe und krasse Sechzehntel der Violinen, um Pauken und Trompeten. Zum zweiten Mal gestaltet er ein Programm mit den Philharmonikern, denen er 2018 ein bejubeltes Debüt verdankte. Und er hat sich ein Programm aus Werken von Mozart und Haydn zusammengestellt, seinen Favoritkomponisten neben Richard Wagner und Gustav Mahler.

Der Maestro, Bruder des in Berlin renommierten Iván Fischer, ist nun 70 Jahre alt und in seinem flinken Auftritt unverändert. Er ist in der Welt viel herumgekommen, gern gesehen an den Opernhäusern von Wien, München und Bayreuth, leitet als Chefdirigent die Orchester von Kopenhagen und Düsseldorf. Nur in Berlin hat dieser Gastdirigent wie ein Spätzünder gewirkt. Er zeigt sich dankbar gegen jeden Philharmoniker und schafft es mit seiner Musik und seinem Wesen, dass am Ende das Podium von gewinnendem Lächeln erfüllt ist.

Er beginnt mit der Linzer Sinfonie Wolfgang Amadeus Mozarts, die mit ihrer langsamen Einleitung in der Nähe Haydns steht. Fischers Interpretation will scheinbar die ganze Musik umfassen, hält aber auf Gegenstimmen und die seltsame Melancholie hinter dem festlichen Glanz der Partitur. Es gibt diese stille, geheimnisvolle Atmosphäre, die in das Zwischenreich der Musik führt.

Für ein Pianissimo hält Fischer schon einmal den Zeigefinger vor den Mund, denn seine Gestik ist altmeisterlich, manchmal beinahe possierlich, andererseits von mitreißender Leidenschaft und Sicherheit der Vorstellungskraft. So gibt es in der letzten Sinfonie von Joseph Haydn, der Nr. 104, unter seinem festen Zugriff Kante und Schärfen, dramatisches Espressivo unter vibrierendem Dirigentenstab. Er weiß um den Effekt einer langen Generalpause und modelliert Chromatik und Dissonanz. Da die Philharmoniker sich an diesem Abend in ein feines Kammerorchester verwandeln, gelingen in der kleinen Besetzung mit viel Engagement Momente des Unerhörten.

Fischer hat diese Musik so verinnerlicht, dass er das ganze Programm auswendig dirigiert. Auch die Gesangsszenen, mit denen die junge russische Sängerin Julia Lezhneva die Philharmonie erobert. Mit ungewöhnlich klarer, vibratoarmer Stimme, feiner, unforcierter Tiefe und trillergeschmückt singt sie Rezitative und Arien, die für Virtuosinnen des Sopranfachs geschrieben sind. In Haydns Orchesterszene „Berenice, che fai“ und Mozarts Rezitativ und Rondo KV 505 werden Tragödientexte zur Lust, weil Liebesqual und Schmerz in glänzende Töne gekleidet sind wie die Interpretin in wechselnd blendende Gewänder. In „Ch’io mi scordi di te?“ – „Non temer, amato bene“, Rezitativ und Rondo mit obligatem Klavier, spielt Fischer das konzertierende Instrument. Darin dialogisiert er mit der Sängerin Lezhneva in wechselnden Affekten, anschmiegsam, wie Mozart es gewollt hat, als er die Komposition für seine erste Susanna im „Figaro“ und sich selber schuf.

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