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Ausgeflogen. Die Messe Art Berlin fand nur zweimal in den Hangars des ehemaligen Flughafens Tempelhof statt.

© Clemens Porikys

Absage der Art Berlin Kunstmesse: War es das?

Nach dem Aus für die Art Berlin: Die Szene sucht nach Alternativen.

Berlin ist um eine Messe ärmer, die Absage der Berlin Art für den Herbst 2020 entfaltet ihre Fliehkraft allerdings schon jetzt. Ganz weit weg vom traurigen Spiel um den Kunststandort wähnt sich die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa.

„Sehr überrascht“ habe ihn die Nachricht, teilte Daniel Bartsch als ihr Sprecher mit. Und dass er die Entscheidung außerordentlich bedauere.

Da fragt man sich schon: Wo bitte waren Berlins Kulturverwalter während der jüngsten Art Week im September? Wohl nicht in den Hangars des ehemaligen Flughafens Tempelhof, wo neben der dritten Ausgabe der Art Berlin auch die Kunstmesse Positions stattfand.

Denn sonst hätten sie die Zeichen gesehen. Egal ob Stimmung, VIP-Eröffnung, Verkäufe oder samstägliche Party: Nahezu alles lief auf Sparflamme.

Komisch: Köln finanzierte eine Kunstplattform für Berlin

Dass es so nicht weitergeht, konnte man danach auch hören. Wenn man dazu bereit ist. Die Kölner Messegesellschaft, die die schwankende Vorgängermesse Art Berlin Contemporary übernommen hatte, investierte einiges. Zu wenig, sicher.

Aber ist es nicht auch ein seltsames Konstrukt, wenn Köln als Messestadt eine Plattform für in Berlin ansässige Galerien finanziert, ohne dass die Messestadt an der Spree mitzieht? Nicht einmal der Veranstaltungsort ließ sich für die nächsten drei Jahre festschreiben, Berlin liebt und lebt das Improvisieren.

Auswärtige kennen das: Wer es wagt, die Unwägbarkeiten der Metropole zu kritisieren, der erntet meist ein schulterzuckendes „Dit is Berlin, wa!“ Und alle finden es lustig.

Jetzt nicht mehr. Die Koelnmesse hat ihre Konsequenzen aus der politischen Passivität gezogen und nach nur drei Ausgaben die Art Berlin dichtgemacht. Sie beschränkt sich in Zukunft auf ihre beiden Kölner Veranstaltungen Art Cologne und Cologne Fine Art and Design.

Der Berliner Senat sah sich nicht in der Pflicht

Nun steht Berlin ohne Kunstmesse auf internationalem Niveau da. Bereits das Art Forum Berlin in den Messehallen am Funkturm hatte unter der mangelnden Unterstützung zu leiden. Interne Querelen gab es auch, doch am Ende war es die Messegesellschaft, die aus wirtschaftlichen Gründen den Stecker zog.

Die von einigen Berliner Galeristen parallel aufgezogene Art Berlin Contemporary wollte eine kuratierte Verkaufsschau und keine Messe sein. Als man endlich in die Fußstapfen des Art Forum trat, war auch das schon ziemlich spät.

Mit der Koelnmesse als Finanzier kamen Geld und Know-how nach Berlin – zumindest für drei Jahre. Zugleich sah sich der Senat aus der Verantwortung entlassen. Ein Tandem wäre angebracht gewesen oder wenigstens ein gemeinsames Fazit mit Entscheidern wie Gerald Böse, dem vorsitzenden Geschäftsführer der Koelnmesse: Drei Jahre Investment, hat es sich gelohnt? Und machen Sie weiter?

Vielleicht wäre man in der Senatsverwaltung etwas weniger von den aktuellen Fakten überrascht worden.

Europas größter Galeriestandort steht ohne Kunstmesse da

Für die gut 300 Berliner Galerien ist die Entscheidung fatal. Nicht nur für jene, die an der Messe teilgenommen haben. Werner Tammen vom Landesverband der Berliner Galerien, fasst die Situation in einem Statement zusammen:

„Es ist absurd bis fatal, das am quantitativ größten Galerienstandort in Europa mit großer Strahlkraft bereits zum zweiten Mal eine ambitionierte und international ausgerichtete Kunstmesse an fehlender Unterstützung durch die Stadt gescheitert ist, während die Politiker weltweit mit dem Image der Kreativhauptstadt werben, das sie besonders ihren Galeristinnen und Galeristen, ihren Künstlerinnen und Künstlern zu verdanken haben.“

Dass Tammen die „Aufregung und Verärgerung in der Kunstszene der Hauptstadt“ so konkret mit der Berliner Politik verbindet, rührt nicht zuletzt aus seinen Erfahrungen.

Seit zwei Jahren fordere etwa der Landesverband einen „Runden Tisch Berliner Kunstmarkt“, sagt Tammen. Ziel sei es, „gemeinsam mit Akteuren aus dem Kunstmarkt und der Politik Bedürfnisse zu formulieren und die Galeristen bei ihrer Arbeit am Standort zu unterstützen“. Passiert sei bislang nichts.

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Berlin Art Week muss gestärkt werden

Mehr Engagement verlangt auch die verbliebene Kunstmesse Positions. Es sei „dringend nötig, dass jetzt mehr und nicht weniger von Seiten des Senats in den Kunstmarktplatz investiert wird und unverzichtbare synergetische Formate wie die Berlin Art Week gestärkt werden.“

Damit sprechen die beiden Direktoren der Positions, Kristian Jarmuschek und Heinrich Carstens, jene Veranstaltung an, die bislang im Kunstherbst alle Veranstaltungen gebündelt und medial begleitet hat.

Noch gibt es keinen offiziellen Termin für die Art Week, und man kann nur hoffen, dass weder die Senatsverwaltungen noch die anderen Sponsoren dieses Format nun für überflüssig halten. Tatsächlich ist es die letzte große Chance, den Kunstherbst in der Stadt attraktiv zu gestalten. Sonst verliert Berlin ein weiteres Mal.

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